Dr. Anton Wiedemann, Giulia Novelli
Rz. 65
Mit Art. 62 ff. EuErbVO wurde nun auch in Italien allgemein das Nachlasszeugnis eingeführt; die Erteilung eines Erbscheins war vormals nur in einigen Gebieten möglich (vgl. Rdn 267); dort gilt das frühere Recht gemäß Gesetz 30 ottobre 2014, n. 161, Art. 32 Abs. 3 – auch hinsichtlich der Zuständigkeit – unverändert fort. Zuständig für die Erteilung des ENZ sind in ganz Italien, also auch in vorstehenden Gebieten, gem. Art. 32 Abs. 1 dieses Gesetzes die Notare.
Rz. 66
Die Fondazione Italiana del Notariato und der Consiglio Nazionale del Notariato haben jüngst Leitlinien für die Erstellung des Europäischen Nachlasszeugnisses erlassen. Danach kann ein Europäisches Nachlasszeugnis auch vom Berufenen beantragt werden, der die Erbschaft noch nicht angenommen hat (so Pkt. 2.4.). Dieser kann die Ausstellung etwa mit dem Ziel beantragen, seine Rechte und Ansprüche nach Art. 460 c.c. hinsichtlich der in einem anderen Staat belegenen Gegenstände geltend zu machen. Der Antrag stellt als solcher noch keine Annahme der Erbschaft dar. Insoweit sei der Berufene als eine Art Erbschaftsverwalter tätig. Will hingegen der Antragsteller das Nachlasszeugnis ausdrücklich als Erbe beantragen, dann soll er nach den Leitlinien die Erbschaft annehmen, wobei eine solche Annahme auch in dem Antragsdokument enthalten sein kann.
Rz. 67
Das Europäische Nachlasszeugnis kann auch ein Vermächtnisnehmer unabhängig davon beantragen, ob es sich um ein Vindikations- oder ein Damnationslegat handelt (Pkt. 2.6.). Der Notar muss lediglich prüfen, ob das Testament eine Verfügung zugunsten des Antragstellers beinhaltet und ob das Testament eröffnet worden ist bzw. die nach dem anwendbaren Recht vorgesehenen Anforderungen erfüllt sind.
Rz. 68
Es besteht die Möglichkeit der Erstellung eines nur partiellen Nachlasszeugnisses, welches jedoch Angaben zur Ausstellungsbehörde, zum Erblasser und zum Antragsteller, zum Zweck des Nachlasszeugnisses sowie darüber, ob die gesetzliche oder die gewillkürte Erbfolge gilt, beinhalten muss. Auch das anwendbare Recht und die Umstände, aufgrund derer es bestimmt wurde, sind anzugeben (vgl. Pkt. 2.14.).
Rz. 69
In den Leitlinien wird auch die Frage behandelt, ob ein Nachlasszeugnis auch in rein nationalen Erbfällen ausgestellt werden kann. Obwohl – so die Leitlinien – dies wünschenswert wäre (etwa um eine Diskriminierung a contrario zu vermeiden) und im Schrifttum zum Teil auch vertreten wird, verneinen die Leitlinien dies; sie ist von der EuErbVO nicht geboten.