Dr. Anton Wiedemann, Giulia Novelli
1. Schenkung von Todes wegen
Rz. 191
Das Verbot der patti successori erfasst auch Schenkungen von Todes wegen. Als solche unzulässigen Schenkungen von Todes wegen werden Schenkungen nach h.L. angesehen, wenn sie mortis causa erfolgen, also der Tod selbst den Grund der Zuwendung bildet, während Schenkungen post mortem zulässig sind. Die Abgrenzung zwischen beiden Formen ist schwierig und umstritten.
Rz. 192
Eine unzulässige Schenkung mortis causa liegt vor, wenn sowohl der Umfang des zugewiesenen Vermögenswertes (nicht nur der Gegenstand selbst, sondern auch sein Wert) als auch die Person des Bedachten erst im Zeitpunkt des Todes bestimmt sind. Umgekehrt formuliert: Schenkungen si oder cum praemoriar (= Bedingung auf den Tod bzw. Befristung auf den Tod) sind wirksam, sofern die Schenkung zu Lebzeiten des Schenkers unwiderruflich ist und nach den Umständen des Einzelfalls nicht nur die Person des Beschenkten, sondern auch der Gegenstand der Schenkung in rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht definiert ist und die Bedingung bzw. Befristung des Todes lediglich die vollen Wirkungen des Schenkungsvertrages aktualisiert, die Zuwendung aber bereits bei Vertragsabschluss voll wirksam ist, also der Schenker sich gegenwärtig des Vermögensgegenstandes begibt.
Rz. 193
So wurde bei Schenkung eines Gegenstandes unter Überlebensbedingung und Vorbehalt eines lebenslangen Wohnungsrechts eine unzulässige donatio mortis causa angenommen. Zulässig sind Schenkungen, wenn sie ausdrücklich nicht unter einer Überlebensbedingung erfolgen und der Schenker bereits zu Lebzeiten alles getan hat, was seinerseits zur Erfüllung erforderlich ist; der Schenker muss bereits über einen zu seinem aktuellen Vermögen gehörenden Gegenstand und nicht erst über einen künftigen Nachlassgegenstand verfügen.
Rz. 194
In Art. 796 c.c. enthält das italienische Recht eine ausdrücklich zulässige gesetzliche Gestaltungsmöglichkeit: Der Schenker darf sich den Nießbrauch an den geschenkten Gegenständen zu eigenem Nutzen und für die Zeit nach ihm zugunsten einer oder auch mehrerer Personen, die allerdings nicht aufeinander folgen dürfen, vorbehalten. Auch wenn der Nießbrauch grundsätzlich mit dem Tod des Berechtigten erlischt (Art. 979 Abs. 1 c.c.), sind folgende Sonderformen möglich, die die Nutzung über den Tod des vorrangig Bedachten hinaus gestatten: der sog. usufrutto successivo (Nachfolgenießbrauch) und der sog. usufrutto congiuntivo (Gemeinschaftsnießbrauch). Zulässig ist des Weiteren die Übertragung des Vermögens an ein Kind gegen Zahlung einer Leibrente. Unzulässig ist dagegen eine Schenkung als Abfindung an einen Pflichtteilsberechtigten für dessen Ausschluss von der gesetzlichen Erbfolge.
Rz. 195
Gesetzlich ausdrücklich zulässig sind auch die Lebensversicherung zugunsten Dritter auf den Todesfall gem. Art. 1920 c.c. und die unentgeltliche Einräumung einer lebenslangen Rente für einen Dritten nach Art. 1872, 1875 c.c.; in letzterem Fall handelt es sich um einen Vertrag zugunsten Dritter (Art. 1411 c.c.). Der Widerruf des Rentenversprechens ist gem. Art. 1412 c.c. möglich. Da strittig ist, ob das Widerrufsrecht auf die Erben übergeht, empfiehlt es sich, die Übertragbarkeit des Widerrufsrechts auf die Erben vertraglich auszuschließen. Die Einsetzung des Begünstigten bei der Lebensversicherung kann im Versicherungsvertrag durch nachträgliche Erklärung oder durch Testament erfolgen; sie kann gem. Art. 1921 Abs. 2 c.c. auch unwiderruflich sein. Zulässig ist nach Art. 1773 c.c. auch eine Hinterlegung zugunsten Dritter, es sei denn, der Dritte erhält die Sache erst nach dem Tod des Schenkers.
Rz. 196
Kollisionsrechtlich gilt für Schenkungsverträge aus italienischer Sicht das Römische EWG-Übereinkommen über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht vom 19.6.1980, das nach Art. 2 Abs. 1 it. IPRG der nationalen Kollisionsnorm des Art. 56 it. IPRG vorrangig ist.
Rz. 197
Praxishinweis:
Im Ergebnis lässt sich feststellen, dass angesichts der unklaren Rechtslage und der teilweise widersprüchlichen Entscheidungen, abgesehen von den gesetzlich ausdrücklich zugelassenen Ausnahmen, von auf den Tod des Schenkers aufschiebend bedingten Schenkungen abzuraten ist.