Dr. Anton Wiedemann, Giulia Novelli
1. Allgemeines
Rz. 256
Nach Art. 713 Abs. 1 c.c. können die Miterben jederzeit die Teilung (divisione ereditaria) verlangen. Sie ist aber kein rechtsübertragender Akt, sondern vollzieht lediglich den im Zeitpunkt des Erbfalls bereits eingetretenen Erwerb der dem Erben durch die Teilung zugefallenen Nachlassgegenstände nach (Rückwirkung auf den Erbfall). Kein Miterbe hat je Eigentum an den jeweils anderen durch die Teilungsanordnung zugewiesenen Nachlassgegenstände.
2. Struktur der Erbengemeinschaft
Rz. 257
Wird der Erblasser von mehr als einer Person beerbt, bilden diese eine Erbengemeinschaft. Es besteht zwischen den Miterben aber keine Gesamthand; es gelten vielmehr die allgemeinen sachenrechtlichen Regelungen der Bruchteilsgemeinschaft (Art. 1110–1116 c.c. bzw. Art. 713 ff. c.c.). Jeder Erbe kann über seinen Erbanteil oder einen Teil desselben allein verfügen (Art. 1103 c.c.), ihn also belasten oder veräußern, nicht aber über seinen Anteil an einzelnen Gegenständen. Tritt ein Erbe seinen Anteil ab, wird der Erwerber aber nicht Erbe; für ihn gelten die Art. 1542–1547 c.c.
Rz. 258
Die Nutzung und Verwaltung des Nachlasses, in den nicht die Vermächtnisgegenstände (Art. 649 c.c., ausgenommen Vermächtnisse von Gattungssachen), die grundsätzlich teilbaren Forderungen (Art. 1314, 1315 c.c.) und die Gegenstände fallen, über die der Erblasser im Wege der Vorausteilung verfügt hat (Art. 734 c.c.), steht den Miterben gemeinsam zu. Zur Veräußerung oder Belastung eines Nachlassgegenstandes ist die Zustimmung aller Miterben erforderlich (Art. 1108 Abs. 3 c.c.); für gewöhnliche Verwaltungsmaßnahmen ist die einfache (Art. 1105 Abs. 2 ff. c.c.), für einschneidende Maßnahmen eine ⅔-Mehrheit (Art. 1108 Abs. 1 c.c.) erforderlich.
Rz. 259
Sind mehrere Erben berufen, hat jeder Miterbe ein Vorkaufsrecht, wenn ein anderer Miterbe seinen Erbanteil ganz oder teilweise verkauft (Art. 732 c.c.). Die Ausübungsfrist beträgt zwei Monate ab Zustellung des Verkaufsangebots.
Rz. 260
Die Miterben können jederzeit die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft verlangen (Art. 713 Abs. 1 c.c.). Ausgenommen sind folgende Fälle:
▪ |
Der Erblasser hat testamentarisch die Teilung gem. Art. 713 Abs. 2 c.c. (bei minderjährigen Erben, bis der Jüngste das 22. Lebensjahr vollendet hat) bzw. Art. 713 Abs. 3 c.c. (höchstens fünf Jahre ab Tod) ausgeschlossen; oder |
▪ |
das Gericht hat die Teilung für längstens fünf Jahre ausgesetzt, weil die sofortige Teilung nachteilig für das Nachlassvermögen wäre (Art. 717 c.c.); |
▪ |
es sind nascituri, noch nicht anerkannte Kinder oder juristische Personen zu Erben berufen; |
▪ |
die Miterben haben die Teilung privatautonom für längstens zehn Jahre ausgeschlossen (Art. 1111 Abs. 2 c.c.). |
Rz. 261
Die Auseinandersetzung erfolgt entweder durch vertragliche Vereinbarung aller Miterben – Schriftform ist nur vorgeschrieben, wenn Grundbesitz zum Nachlass gehört –, durch einen Notar (auf Antrag der Miterben, Art. 730 Abs. 1 S. 1 c.c. oder kraft Auftrags durch das Gericht) oder durch gerichtliche Entscheidung aufgrund Auseinandersetzungsklage eines Miterben (Art. 784 ff. codice di procedura civile) gegen alle sich der Teilung widersetzenden Miterben als notwendige Streitgenossen. Das Urteil wirkt für und gegen alle Miterben. Ist das Recht zur Teilung nicht bestritten, entscheidet der Einzelrichter durch Beschluss.
3. Durchführung der Teilung
Rz. 262
Die gerichtliche Teilung wird vom Grundsatz der Teilung in Natur beherrscht, so dass, soweit möglich, alle Nachlassgegenstände in Natur und nicht nach ihrem Wert zu teilen sind. Nachlassgegenstände sind nur dann durch Verkauf zu verwerten, wenn sich Miterben, denen gemeinsam mehr als die Hälfte des Nachlasses zusteht, über die Notwendigkeit des Verkaufs zur Begleichung von Nachl...