Dr. Anton Wiedemann, Dr. Tereza Pertot
Rz. 245
Die Ausschlagung der Erbschaft, die grundsätzlich von der formlosen (anders nur bei Art. 1350 Nr. 1–4 c.c.) und jederzeit (Art. 649 Abs. 1 c.c.) möglichen Ausschlagung eines Vermächtnisses zu unterscheiden ist, muss durch eine von einem Notar oder vom Urkundsbeamten des Gerichts, in dem die Erbfolge eröffnet wurde, aufgenommene Erklärung, die in das Erbschaftsregister beim Tribunale eingetragen wird, erfolgen (Art. 519 c.c.). Eine vertragliche Ausschlagung (nur nach dem Erbanfall möglich) gilt als bloßes Versprechen. Die Ausschlagung wirkt nach Art. 521 c.c. auf den Erbfall zurück.
Rz. 246
Die bedingte bzw. befristete und die nur bezüglich eines Teiles der Erbschaft erfolgte Ausschlagung ist gem. Art. 520 c.c. nichtig. Der die Erbschaft Ausschlagende kann jedoch die ihm schenkungs- bzw. vermächtnisweise zugewandten Gegenstände bis zur Höhe des frei verfügbaren Teils behalten (Art. 521 Abs. 2 c.c.). Streitig ist, ob die Ausschlagung ebenso wie die Annahme auf einen von mehreren Berufungsgründen beschränkt werden kann. Wer die Erbschaft ausschlägt, hat auch kein Pflichtteilsrecht mehr. Die Ausschlagung gegen Entgelt oder zugunsten einiger anderer Berufener gilt gem. Art. 478 c.c. als Annahme. Wer kraft Gesetzes als unbeschränkter Erbe gilt (Art. 485 c.c.; siehe Rdn 233), hat kein Recht auf Ausschlagung mehr.
Rz. 247
Die Wirkungen der Ausschlagung können beseitigt werden:
▪ |
Durch Zurücknahme der Ausschlagung und Annahme, solange das Recht zur Annahme noch nicht verjährt ist und die Erbschaft nicht bereits von anderen Berufenen erworben wurde (Art. 525 c.c.); |
▪ |
durch Anfechtung der Ausschlagung gem. Art. 526 c.c. innerhalb von fünf Jahren, wenn sie aufgrund von Zwang oder arglistiger Täuschung vorgenommen worden ist; und |
▪ |
dadurch, dass nach Art. 524 c.c. aufgrund gerichtlicher Ermächtigung Gläubiger des Ausschlagen den, denen die Ausschlagung zum Nachteil gereicht, die Erbschaft in dessen Namen und an dessen Stelle annehmen, um sich aus dem Nachlass bis zur Höhe ihrer Forderung zu befriedigen. |
Rz. 248
Für die Ausschlagung gilt dieselbe Verjährungsfrist von zehn Jahren wie für die Annahme. Gemäß Art. 650 können interessierte Personen (z.B. Erben oder Nachlassgläubiger) im Wege der actio interrogatoria eine kürzere gerichtliche Frist zur Ausübung des Ausschlagungsrechts setzen lassen.
Rz. 249
Die Ausschlagung setzt als einseitige, nicht empfangsbedürftige Willenserklärung die volle Geschäftsfähigkeit voraus; gesetzliche Vertreter bedürfen der Zustimmung des Vormundschaftsgerichts (Art. 320 Abs. 3, 374 Nr. 3, 394 Abs. 2, 424 Abs. 1 c.c.).