Dr. Anton Wiedemann, Dr. Tereza Pertot
a) Allgemeines
Rz. 150
Die Pflichtteilberechtigten werden nicht ipso jure mit dem Erbfall zu Erben entsprechend ihrer Quote. Sie müssen vielmehr eine sog. Herabsetzungsklage (azione di riduzione) gegen Erben, Vermächtnisnehmer und Beschenkte vor Gericht erheben, damit die testamentarischen Verfügungen bzw. Schenkungen bis zur Befriedigung der Pflichtteilsquote verhältnismäßig gekürzt werden. Die Durchsetzung des Pflichtteilsrechts erfolgt mittels drei verschiedener Klagen:
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azione di riduzione in senso stretto (um die Unwirksamkeit der testamentarischen Zuwendungen und Schenkungen, die über die quota disponibile hinausgehen, zu erreichen); |
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azione di restituzione contro i beneficiari delle disposizioni testamentarie ridotte; und |
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azione di restituzione contro i terzi acquirenti (Art. 563 Abs. 1 c.c. zur Herausgabe der für unwirksam erklärten Zuwendungen gegen die testamentarisch Begünstigten bzw. gegen Dritterwerber). |
Rz. 151
Ist der Pflichtteilsberechtigte zu einem unter seiner Pflichtteilsquote liegenden Anteil (testamentarisch oder kraft Gesetzes) Erbe geworden, ist Voraussetzung für die Erhebung der Herabsetzungsklage, dass er die Erbschaft unter dem Vorbehalt der Inventarerrichtung angenommen hat, es sei denn, der Erblasser hat nur Miterben mit Schenkungen oder Vermächtnissen bedacht (Art. 564 Abs. 1 c.c.). Die Herabsetzungsklage bewirkt hier eine Anpassung seiner Erbquote (testamentarische Quote und Noterbrecht). Der Vorbehalt der Inventarerrichtung bildet dagegen nach h.M. keine Voraussetzung für die Erhebung der Herabsetzungsklage für den noch nicht als Erbe berufenen Pflichtteilsberechtigten. Die Herabsetzungsklage ist nicht notwendig, wenn die Erbquote dadurch beeinträchtigt ist, dass der Erblasser sie mit Auflagen und Bedingungen belastet hat. Gemäß Art. 549 c.c. sind solche Auflagen und Bedingungen unwirksam.
Rz. 152
Das italienische Recht kennt kein Recht des Pflichtteilsberechtigten auf Auskunftserteilung wie das deutsche Recht. Das Recht auf Herabsetzung verjährt in zehn Jahren ab Annahme der Erbschaft.
b) Minderung der testamentarischen Zuwendungen
Rz. 153
Zur Wahrung des Noterbrechts sind zunächst die testamentarischen Verfügungen, sei es Erbeinsetzungen oder Vermächtnisse, herabzusetzen (Art. 554, 558 Abs. 1 c.c.). Sie werden alle in gleicher Höhe prozentmäßig herabgesetzt, es sei denn, der Erblasser hat gewisse privilegierte Verfügungen getroffen, die erst am Schluss für die Anpassung in Betracht kommen (Art. 558 Abs. 1, 2 c.c.).
c) Minderung der lebzeitigen Schenkungen
Rz. 154
Anschließend werden, soweit der Pflichtteil nicht aus dem Nachlassvermögen befriedigt werden kann, auch die vom Erblasser zu Lebzeiten vorgenommenen Schenkungen herabgesetzt (Art. 555 c.c.). Anders als bei testamentarischen Verfügungen werden aber nicht alle gl...