Dr. Anton Wiedemann, Dr. Tereza Pertot
Rz. 29
Neben der Zivilehe kennt die italienische Rechtsordnung die Konkordatsehe, d.h. die nach kanonischem Recht geschlossene Ehe, die nur nach der Eintragung in das Standesamtsregister zivilrechtliche Wirkungen entfaltet (Art. 82 c.c.). Auch eine Konkordatsehe ist unabhängig vom kanonischen Recht dem Scheidungsrecht unterworfen.
Rz. 30
Voraussetzung dafür ist ein doppeltes Aufgebot bei der Kirche und beim Standesamt. Die Eheschließung wird durch einen Geistlichen der katholischen Kirche durchgeführt. Der Geistliche hat den Eheleuten die zivilrechtlichen Wirkungen darzustellen und die Art. 143, 144, 147 c.c. über Rechte und Pflichten der Ehegatten vorzulesen (Art. 107 c.c.).
Rz. 31
Die Heiratsurkunde ist in zwei Ausfertigungen zu verfassen. Eine davon wird innerhalb von fünf Tagen ab Eheschließung zur Eintragung in das Standesamtsregister gesandt. Der Standesbeamte hat die Eintragung innerhalb 24 Stunden durchzuführen und muss sofort den zelebrierenden Geistlichen davon unterrichten. Die Eintragung hat bezüglich der zivilrechtlichen Folgen konstitutive Wirkung. Diese treten rückwirkend ab Eheschließung ein. Eine spätere Eintragung ist zu Lebzeiten beider Ehegatten bei beiderseitigem Einverständnis jederzeit möglich art. 8, c. 6, G. 25.3.1985, Nr. 121). Bei der Revision des Konkordats von 1984 wurden als Gründe für die Verweigerung der Eintragung explizit geregelt: das Fehlen des vom Codice civile vorgeschriebenen Mindestalters, es sei denn, die Ehe kann nicht mehr angefochten werden; ein nicht befreibares Verbot (Entmündigung, Doppelehe, ehebedingtes Verbrechen, Verwandtschaft in gerade Linie). Nicht klar ist, ob die Eintragung bei einem Verbot erfolgen darf, von dem eine Befreiung möglich, diese aber nicht erteilt worden ist.
Rz. 32
Sonderregelungen gelten für das Anfechtungsverfahren bei der Konkordatsehe. Die noch vom Konkordat von 1929 vorgesehene ausschließliche Zuständigkeit der Kirchengerichte wurde nicht in den Nachtrag (Accordo di revisione) von 1984 aufgenommen. Die italienische Rspr. nimmt eine konkurrierende Zuständigkeit an, d.h., die Anfechtung der Ehe kann von einem Zivilgericht ausgesprochen werden, wenn bei diesem Klage erhoben wird. Anwendbar bleibt aber kanonisches Recht.
Rz. 33
Wird die Nichtigkeit vom Kirchengericht ausgesprochen und erlangt das Urteil, das nach Art. 8 des Gesetzes vom 25.3.1985, Nr. 121, in einem weiteren Verfahren noch vom Corte d’Appello bestätigt (sog. delibazione) werden muss, Rechtskraft, ist die etwa noch anhängige Zivilklage wirkungslos. Wurde vor Rechtskraft der vor dem Kirchengericht beantragten Entscheidung über die Nichtigkeit ein Scheidungsurteil ausgesprochen und wurden Unterhaltsansprüche anerkannt, bleiben diese Urteilswirkungen rechtskräftig. Klagebefugt ist nur der Ehegatte, nicht seine Erben.
Rz. 34
Nach dem Gesetz vom 24.6.1929, Nr. 1159, kann auch die vor einem Geistlichen anderer Religion geschlossene Ehe zivilrechtliche Wirkungen entfalten. Anders als bei einer Konkordatsehe ist hier die Ehe ausschließlich, d.h. auch bezüglich der Ehevoraussetzungen, vom Codice civile geregelt. Die einzige Besonderheit besteht bei der Form der Eheschließung, die nach einer Genehmigung des Standesamtes vor einem Geistlichen der Religion stattfindet, der beide oder einer der Ehegatten angehören (Art. 7). Um zivilrechtliche Folgen zu bewirken, bedarf auch diese Eheschließung der Eintragung in das Standesamtsregister, die konstitutiv ex tunc wirkt.
Rz. 35
In den letzten Jahren haben viele Konfessionen (v.a. christlich-evangelische, lutheranische, jüdische und methodistische Religion) mit dem italienischen Staat Verträge geschlossen, die eine Eheschließung nach religiösem Ritus mit zivilrechtlichen Folgen wie bei der Konkordatsehe ermöglichen. Fehlt ein Staatsvertrag, ist eine gesonderte Autorisierung notwendig (Art. 3 des Gesetzes vom 24.6.1929, Nr. 1159).