Dr. Anton Wiedemann, Dr. Tereza Pertot
Rz. 131
Für die Trennung stehen neben dem bisherigen gerichtlichen Verfahren gemäß Gesetz vom 10.11.2014, Nr. 162 nunmehr auch die neuen Verfahren der anwaltsunterstützten Trennung oder der Trennung vor dem Standesamt zur Verfügung, die im Rahmen der Scheidung (vgl. Rdn 181) erörtert werden.
Rz. 132
Das gerichtliche Verfahren findet vor dem ordentlichen Gericht (Tribunale ordinario) statt. Örtlich zuständig ist das Gericht des letzten gemeinsamen Wohnsitzes der Ehegatten, soweit einer noch dort lebt, oder, falls nicht vorhanden, des Wohnsitzes bzw. Aufenthaltsortes des convenuto (Antragsgegner). Wenn der convenuto seinen Wohnsitz im Ausland hat, nicht erreichbar oder nicht auffindbar ist, ist das Gericht des Wohnsitzes oder Aufenthaltsortes des Antragstellers zuständig. Ist auch der Antragsteller im Ausland, ist jedes italienische Gericht zuständig (Art. 706 c.p.c.). Sowohl bei der Scheidung als auch bei der Trennung existiert in Italien Anwaltszwang (Art. 707 c.p.c. n.F.). Die Frage, ob die Ehegatten einen gemeinsamen Rechtanwalt haben dürfen, wird in der Lehre aufgrund der Prozessrechtsreform von 2006 bejaht.
Rz. 133
Regelungen hinsichtlich der Trennungsfolgen, nicht der Trennung selbst, sind auch im Rahmen eines Mediationsverfahrens möglich (D.Lgs. vom 4.3.2010, Nr. 28). Darunter fallen insbesondere Vermögensauseinandersetzungen bei Trennung und Scheidung. Eine ausdrückliche und spezielle Regelung wurde 2006 bezüglich der affidamento congiunto der Kinder (Art. 155 sexies c.c.) eingeführt. Eine weitere Möglichkeit, von einem Mediator assistiert zu werden, wird dem Gericht allgemein von Art. 68 c.p.c. gewährt, wonach sich das Gericht, wenn notwendig, der Hilfe von Fachleuten (esperti di una determinata area o settore) bedienen kann.
Rz. 134
Das Trennungsverfahren wird durch eine Antragsschrift eingeleitet (ricorso). Man unterscheidet zwischen der gerichtlichen (Art. 706–710 c.p.c.) und der einvernehmlichen (Art. 711 c.p.c.) Trennung.
Rz. 135
Auch bei der einvernehmlichen Trennung bedarf es einer gerichtlichen Entscheidung (omologazione). Zwingende Voraussetzung ist eine Einigung über das tatsächliche Getrenntleben und den Ehegatten-Unterhalt sowie über die tatsächliche Betreuung und den Unterhalt für die Kinder (condizioni dei coniugi und condizioni dei figli). Die Einigung kann sich auch auf die Auseinandersetzung und Übertragung von Vermögen einschließlich Immobilien bzw. der Verpflichtung hierzu beziehen und auch Regelungen für die Zeit nach der Scheidung beinhalten.
Bei der einvernehmlichen Trennung nimmt das Gericht eine inhaltliche Prüfung nur dahingehend vor, ob die getroffenen Vereinbarungen den Interessen der Kinder nicht widersprechen. Des Weiteren prüft es, ob die getroffenen Regelungen gegen den ordre public, die guten Sitten oder zwingende Normen verstoßen. Es kann den Ehegatten andere Regelungen vorschlagen, diese aber nicht dazu zwingen, solche Regelungen zu vereinbaren. In diesem Fall kann es das Vorliegen einer einvernehmlichen Trennung verneinen. Die Einigung kann von jedem Ehegatten einseitig bis zur Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung widerrufen werden.
Rz. 136
Das auf Antrag (ricorso) zumindest eines Ehegatten einzuleitende Trennungsverfahren besteht aus zwei Phasen, der fase presidenziale und der fase camerale. Ergänzend sind die Regelungen des Scheidungsverfahrens heranzuziehen (Art. 23 l. div.).
Rz. 137
In der ersten Phase findet auf Anordnung des Gerichtspräsidenten, die innerhalb von fünf Tagen nach Antragstellung zu erfolgen hat, innerhalb 90 Tagen ab Antragstellung ein Anhörungstermin statt, zu dem die Ehegatten persönlich erscheinen müssen und in dem bei der gerichtlichen Trennung ein Versöhnungsversuch (tentativo di conciliazione) vorzunehmen ist. Der Gerichtspräsident kann vorläufige, sofort vollstreckbare Anordnungen treffen. Das Gericht kann über die Trennung auch ohne besonderen Antrag vorab entscheiden (Art. 709 bis c.p.c.). Auch die Kinder sind nunmehr anzuhören, sofern sie zwölf Jahre oder einsichtsfähig (capaci di discernimento) sind (Art. 337 octies c.c.). Die vorläufigen Anordnungen sind beim Corte d’Appello innerhalb von zehn Tagen ab Zustellung (notificazione) anfechtbar (Art. 708 Abs. 3 c.p.c. n.F.).
Rz. 138
In der zweiten Phase entscheidet das Gericht über die Trennung. Handelt es sich um eine einvernehmliche Trennung, wird der provvedimento di omologazione ausgesprochen. Die Entscheidung als solche ist nicht vor dem Kassationshof anfechtbar; aufgrund des Vorbehalts der "rebus sic stantibus" kann sie aber bei einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse für die Zukunft gerichtlich abgeändert werden.
Rz. 139
Handelt es sich um eine gerichtliche Trennung, muss das Gericht die Trennung aussprechen und über Unterhalt, die Zuweisung der Ehewohnung und darüber, wem die Kinder zur Betreuung zugewiesen werden, entscheiden. Dabei kann es die vorläufigen Anordnungen revidieren, auch wenn die Umstände sich ...