Dr. Anton Wiedemann, Dr. Tereza Pertot
1. Priorität der Zivilehe
Rz. 1
Die italienische Rechtsordnung regelt die Voraussetzungen, die Form und die Wirkungen der Eheschließung nach dem Prinzip der Priorität der Zivilehe. Dieses Prinzip wurde aufgrund des Konkordats vom 11.2.1929, mit dem der italienische Staat auch der katholischen Eheschließung zivilrechtliche Wirkungen zuerkannte, wenn diese in das registro dello stato civile eingetragen ist, eingeschränkt (sog. matrimonio concordatario). In einem Nachtrag zu diesem Konkordat wurden die Voraussetzungen für die Eintragung neu festgelegt. Eintragungsfähig ist auch eine nach einer nicht-katholischen, vom italienischen Staat anerkannten Religion geschlossene Ehe.
2. Verlöbnis
Rz. 2
Der Eheschließung geht ein (formfreies) Verlöbnis voraus. Hierunter versteht man zum einem das gegenseitige Versprechen von Mann und Frau, künftig die Ehe eingehen zu wollen, zum anderen das mit diesem Versprechen begründete familienrechtliche Verhältnis. Das Eheversprechen ist allerdings weder einklagbar, noch kann es durch eine Vertragsstrafe abgesichert werden (Art. 79 c.c.). Sonderregelungen gelten für die Rückgabe der in Anbetracht der geplanten Ehe erfolgten Geschenke (Art. 80 c.c.) und für Schadensersatzansprüche wegen darauf gerichteter Ausgaben (Art. 81 c.c.). Beide Ansprüche unterliegen einer einjährigen Verjährungsfrist.
3. Persönliche Voraussetzungen
Rz. 3
Die persönlichen Voraussetzungen der Eheschließung sind in den Art. 84–89 c.c. geregelt. Nicht gesetzlich geregelt, aber übereinstimmend als weitere Voraussetzungen angesehen werden das unterschiedliche Geschlecht der Ehegatten, die übereinstimmende Willenserklärung und die Einhaltung der Formvorschriften. Heiraten zwei italienische Staatsangehörige gleichen Geschlechts im Ausland, so gilt die von ihnen geschlossene Ehe als unione civile nach italienischem Recht (vgl. Art. 32 bis G. 31.5.1995, Nr. 218 = d.i.p.).
a) Zwei Personen verschiedenen Geschlechts
Rz. 4
Die Ehe können nur zwei Personen verschiedenen Geschlechts eingehen. Für gleichgeschlechtliche Partner besteht nun die Möglichkeit, eine eingetragene Lebenspartnerschaft (sog. unione civile) zu begründen (siehe Rdn 242).
b) Volljährigkeit
Rz. 5
Diese Voraussetzung gilt für beide Eheleute (Art. 84 Abs. 1 c.c.), sog. capacità matrimoniale. Das Minderjährigengericht (Tribunale dei Minorenni) kann auf Antrag durch Beschluss nach Anhörung der Eltern und des Staatsanwalts (Art. 38 disp. att. c.c.) von dem Erfordernis der Volljährigkeit befreien, wenn der Antragsteller das 16. Lebensjahr vollendet hat und wichtige Gründe dies rechtfertigen (Art. 84 Abs. 1 c.c.). Die Befreiung ist auch für beide Ehegatten möglich. Wird die Befreiung erteilt, bedarf die Eheschließung keiner Zustimmung des gesetzlichen Vertreters.
Bei einem nicht in Italien wohnhaften Minderjährigen ist das Gericht zuständig, in dem er seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt in Italien hatte, ersatzweise das Gericht in Rom.
Ist der Minderjährige nach seinem Heimatrecht ehefähig, bedarf es keiner Zustimmung des italienischen Gerichts, soweit er mindestens 16 Jahre ist; diese Altersgrenze ergibt sich aus dem orde public.
c) Geschäftsunfähigkeit
Rz. 6
Wer durch Urteil aufgrund Geisteskrankheit (infermità di mente) entmündigt (interdetto) wird (Art. 85 c.c.), kann eine Ehe nicht eingehen. Dies gilt ab dem Zeitpunkt der Veröffentlichung des Entmündigungsurteils. Läuft das Verfahren noch, kann auf Antrag des Staatsanwalts die Eheschließung verhindert werden. Vorstehendes Eheverbot wird als Bestandteil des ordre public gesehen.
Ist einer der Ehegatte bei der Eheschließung vorübergehend geschäftsunfähig, kann er die Eheschließung anfechten (Art. 120 c.c.).
d) Verbot der Doppelehe
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