Dr. Anton Wiedemann, Dr. Tereza Pertot
1. Allgemeines
Rz. 125
Der Gesetzgeber sieht die in Art. 151 ff. c.c. geregelte Trennung als eigenständiges Rechtsinstitut mit eigenem Verfahren an, wenn auch nur als vorläufiges Stadium, nicht als Vorstufe der Scheidung. Dies führt in der Praxis zu erheblichen Koordinierungsproblemen, gerade weil für die Trennung die Bestimmungen des Codice civile, für die Scheidung aber ein Sondergesetz gilt.
Rz. 126
In der Praxis geht in ca. 95 % der Fälle der Scheidung die Trennung voraus (Art. 3 n. 2 lit. b). Die faktische Trennung ist dabei nicht ausreichend; vielmehr muss die Trennung durch Gerichtsentscheidung (sentenza oder decreto di omologazione im Fall einer einvernehmlichen Trennung) festgestellt sein.
2. Voraussetzungen
Rz. 127
Als einzige Voraussetzung wird nach Art. 151 c.c. die Zerrüttung der Ehe (intollerabilità della convivenza) verlangt. Obwohl Art. 151 c.c. als weitere Voraussetzung die fatti tali da arrecare pregiudizio alla prole nennt, werden diese in Lehre und Rspr. nicht angewendet und geprüft. Ein Verschulden der Zerrüttung ist grundsätzlich für die Trennung ohne Belang. Nur in dem Sonderfall der separazione con addebito spielt das Verschulden für die Rechtsfolgen nach Art. 151 c.c. eine Rolle.
Rz. 128
Eine Zerrüttung der Ehe setzt die Verletzung der Ehepflichten voraus, so dass eine Fortsetzung der Ehe unzumutbar ist. Von einer Zerrüttung der Ehe geht die Rspr. aus, wenn eine grobe Verletzung der Ehepflichten vorliegt. Auch ein dauerhaftes faktisches Getrenntleben gilt als Zerrüttung. Die bloß räumliche Trennung begründet für sich kein Getrenntleben.
Rz. 129
Ein kausaler Zusammenhang zwischen Verletzung der Ehepflichten und Zerrüttung der Ehe, der zu einem addebito führt, wurde bezüglich der Treuepflicht bei einer schweren und wiederholten Verletzung (violazione grave e ripetuta) und bei schwer beleidigendem Verhalten (comportamenti gravemente offensivi) angenommen. Eine Verletzung der Beistandspflicht (dovere di assistenza morale) liegt bei einem comportamento privo di manifestazioni di affetto, comportamento ingiurioso, bei Verhinderung der Kontaktaufnahme mit den Angehörigen (ostacolo dei rapporti con la famiglia di origine) sowie beim Verlassen der Ehewohnung wegen einer außerehelichen Beziehung vor, nicht aber bei unbegründeter Verweigerung sexuellen Kontakts (ingiustificato diniego di rapporti sessuali), bei Geisteskrankheit (infermità di mente) oder Religionswechsel, sofern diese nicht zur Verletzung der Ehepflichten führen.
Rz. 130
Wird die Trennung der Ehegatten infolge Verschuldens eines Ehegatten ausgesprochen, hat dies Auswirkungen auf einen etwa zu zahlenden Unterhalt. Hat der unterhaltsbedürftige Ehegatte die Trennung verschuldet, steht ihm kein Anspruch auf Getrenntlebensunterhalt zu. Dies ergibt sich aus Art. 151, 156 c.c., wonach das Gericht im Urteil zugunsten des Ehegatten, der die Trennung nicht zu verschulden hat, das Recht festlegt, alles zu bekommen, was für seinen Unterhalt notwendig ist, sofern er keine adäquaten wirtschaftlichen Mittel hat. Die Feststellung des Verschuldens kann nicht nachträglich, d.h. wenn die Trennung schon ausgesprochen wurde, beantragt werden.
3. Trennungsverfahren
Rz. 131
Für die Trennung stehen neben dem bisherigen gerichtlichen Verfahren gemäß Gesetz vom 10.11.2014, Nr. 162 nunmehr auch die neuen Verfahren der anwaltsunterstützten Trennung oder der Trennung vor dem Standesamt zur Verfügung, die im Rahmen der Scheidung (vgl. Rdn 181) erörtert werden.
Rz. 132
Das gerichtliche Verfahren findet vor dem ordentlichen Gericht (Tribunale ordinario) statt. Örtlich zuständig ist das Gericht des letzten gemeinsamen Wohnsitzes der Ehegatten, soweit einer noch dort lebt, oder, falls...