Dr. Anton Wiedemann, Dr. Tereza Pertot
Rz. 23
Die Eheschließung findet grundsätzlich nach zwei Zeremonien statt: vor dem Standesbeamten (Art. 106–107 c.c.) oder vor einem Geistlichen entweder der katholischen Kirche nach kanonischem Recht mit Eintragung in das Standesamtsregister (sog. matrimonio concordatario) oder eines anderen vom italienischen Staat anerkannten Glaubens (Art. 83 c.c.).
1. Zivilehe
Rz. 24
Die Eheschließung setzt das Aufgebot (pubblicazioni) voraus, das mit der Nuova disciplina dell’ordinamento dello stato civile reformiert wurde. Grundsätzlich (Ausnahmen in Art. 109 c.c.) wird die Ehe vor dem Standesbeamten beim Standesamt (casa comunale) geschlossen, wo das Aufgebot bestellt wurde. Das Aufgebot erfolgt durch Anschlag beim Standesamt. Es enthält die Personalien der Eheleute, den Ort und das Datum der Eheschließung und bleibt für mindestens acht Tage. Die Eheschließung darf ab dem vierten Tag seit dem Aufgebot (bis zu 180 Tage) stattfinden. Zuständig für das Aufgebot ist das Standesamt des Ortes auf Antrag beider Eheleute oder eines von ihnen bevollmächtigten Dritten, wo einer der Eheleute seinen aktuellen Hauptwohnsitz (residenza) hat, auch wenn die Eheschließung im Ausland erfolgt.
Rz. 25
Vom Aufgebot kann aus schwerwiegenden Gründen (z.B. bei Lebensgefahr der Ehegatten, Art. 101 c.c.) eine Befreiung erteilt werden (Art. 51, D.P.R. vom 3.11.2000, Nr. 396). Fehlt das Aufgebot, ist die Ehe trotzdem gültig. Ehegatten und Standesbeamte sind zu einem Bußgeld verpflichtet (Art. 134 c.c.). Der Standesbeamte haftet für Unregelmäßigkeiten beim Aufgebot (Art. 135 c.c.).
Rz. 26
Die Form ist in Art. 107 c.c. geregelt. Der Standesbeamte liest in Anwesenheit von zwei Zeugen (vier, falls die Eheschließung nicht im Rathaus stattfindet, gem. Art. 110 c.c.) die Art. 143, 144, 147 c.c. über Rechte und Pflichten der Eheleute vor und empfängt deren Willenserklärungen, die ohne Befristung und Bedingung abzugeben sind (Art. 108 Abs. 1 c.c.). Die Nichteinhaltung der für die Eheschließung vorgesehenen Form führt nicht zur Nichtigkeit. Zuständig ist das Standesamt, wo das Aufgebot stattgefunden hat (Ausnahmen in Art. 109 c.c.). Fehlt die Zuständigkeit, so bleibt die Ehe gültig, wenn zumindest einer der Ehegatten gutgläubig war.
Im Rahmen der Eheschließung können auch die Anerkennung eines nichtehelichen Kindes, die Geltung der Gütertrennung (also nicht sonstige güterrechtliche Regelungen) und das anwendbare Recht beurkundet werden.
Rz. 27
Die Eheschließung durch Bevollmächtigten (matrimonio per procura) ist nur ausnahmsweise möglich, wenn ein Ehegatte im Ausland seinen Hauptwohnsitz hat und schwerwiegende Gründe vorliegen (z.B. Soldaten im Kriegseinsatz, Art. 111 c.c.). Sie setzt eine gerichtliche Genehmigung per Beschluss nach Anhörung des Staatsanwalts voraus. Die Vollmacht ist nur zeitlich begrenzt wirksam (180 Tage) und bedarf der notariellen Beurkundung (nicht nur Beglaubigung).
Rz. 28
Nach Art. 116 c.c. ist Voraussetzung für die Eheschließung eines Ausländers in Italien die Vorlage eines Ehefähigkeitszeugnisses (nulla-osta). es sei denn, das Standesamt oder das Gericht lässt eine Ausnahme zu, indes nicht mehr die Aufenthaltserlaubnis in Italien. Ausdrücklich geregelte Ehehindernisse für die vom Ausländer in Italien geschlossene Ehe sind: Alter unter 16 Jahren, eine wirksam vorher geschlossene Ehe, die Entmündigung, die nicht zu befreiende Verwandtschaft, das ehebezogene Verbrechen, die Nichteinhaltung der 300-Tage-Frist. Das Aufgebot muss eingehalten werden und gilt als Voraussetzung für das Erteilen des Ehefähigkeitszeugnisses. Findet das Angebot nicht statt und wird trotzdem die Ehe geschlossen, ist die Ehe in das Standesamtsregister eintragbar.
2. Zivilrechtliche Wirksamkeit religiöser Zeremonien
Rz. 29
Neben der Zivilehe kennt die italienische Rechtsordnung die Konkordatsehe, d.h. die nach kanonischem Recht geschlossene Ehe, die nur nach der Eintragung in das Standesamtsregister zivilrechtliche Wirkungen entfaltet (Art. 82 c.c.). Auch eine Konkordatsehe ist unabhängig vom kanonischen Recht dem Scheidungsrecht unterworfen.
Rz. 30
Voraussetzung dafür ist ein doppeltes Aufgebot bei der Kirche und beim Standesamt. Die Eheschließung wird durch einen Geistlichen der katholischen Kirche durchgeführt. Der Geistliche hat den Eheleuten die zivilrechtlichen Wirkungen darzustellen und die Art. 143, 144, 147 c.c. über Rechte und Pflichten der Ehegatten vorzulesen (Art. 107 c.c.).
Rz. 31
Die Heiratsurkunde ist in zwei Ausfertigungen zu verfassen. Eine davon wird innerhalb von fünf Tagen ab Eheschließung zur Eintragung in das Standesamtsregister gesandt. Der Standesbeamte hat die Eintragung innerhalb 24 Stunden d...