Dr. Anton Wiedemann, Dr. Tereza Pertot
Rz. 108
Für die persönlichen Ehewirkungen (rapporti personali) knüpft das italienische Internationale Privatrecht an die Staatsangehörigkeit an (Art. 29 Abs. 1 S. l d.i.p.). Haben die Ehegatten verschiedene oder mehrere Staatsangehörigkeiten, wird an den Staat angeknüpft, zu dem das Eheleben den vorrangigen Bezug hat (localizzazione prevalente della vita matrimoniale; Art. 29 Abs. 2 d.i.p. = Schwerpunkt der ehelichen Lebensgemeinschaft). Unter rapporti personali sind nur die allgemeinen ehelichen Pflichten zu Treue, Beistand und Zusammenleben zu verstehen.
Rz. 109
Für die vermögensrechtlichen Folgen (rapporti patrimoniali) – das italienische Gesetz unterscheidet nicht zwischen allgemeinen Ehewirkungen (diritto all’assistenza materiale, dovere di contribuzione e di mantenimento (Unterhalt), soddisfacimento dei bisogni della famiglia) und Güterrecht – gilt für die bis einschließlich 28.1.2019 geschlossenen Ehen grundsätzlich das Recht des Staates, das auch für die persönlichen Ehewirkungen (rapporti personali) gilt (Art. 30 Abs. 1 d.i.p.). Ändert sich die Staatsangehörigkeit oder vor allem der Lebensmittelpunkt beider oder eines Ehegatten für solche "Alt-Ehen", ändert sich auch das für die vermögensrechtlichen Folgen maßgebende Recht. Das Güterrechtsstatut kann sich anders als im deutschen Recht also wandeln, wobei streitig ist, ob die Änderung dann ex nunc oder sogar ex tunc wirkt.
Rz. 110
Eine Rückverweisung auf das italienische Recht wird insoweit angenommen, ebenso eine einfache Weiterverweisung, wenn das dritte Recht die Verweisung annimmt (Art. 13 Abs. 1 d.i.p.).
Rz. 111
Ehegatten mit unterschiedlicher Staatsangehörigkeit konnten privatschriftlich eine Rechtswahl treffen und für die vermögensrechtlichen Folgen das Recht des Staates vereinbaren, dessen Staatsangehörigkeit einer von ihnen hat oder wo einer von ihnen seinen Hauptwohnsitz hatte (Art. 30 Abs. 1 d.i.p.). Die Gültigkeit der Rechtswahl richtet sich nach dem Recht des Staates, dessen Recht gewählt wird, oder nach dem Recht des Staates, in dem die Vereinbarung geschlossen wurde (Art. 30 Abs. 2 d.i.p.).
Rz. 112
Auch eine vor dem 29.1.2019 getroffene Rechtswahl musste das gesamte Vermögen umfassen. Eine rechtsgeschäftliche Güterrechtsspaltung wird nur anerkannt, wenn aus Sicht des italienischen IPR zunächst das betreffende ausländische Recht zur Anwendung berufen ist.
Für ab dem 29.1.2019 geschlossene Ehen sowie für die ab dem 29.1.2019 getroffene Rechtswahl gilt nun die EU-Güterrechtsverordnung Nr. 2016/1103 (EUGüVO). Es wird auf die Ausführungen im Allgemeinen Teil, § 1 Rdn 87 ff.verwiesen.
Rz. 113
Die Rechtswahl kann in das Standesamtsregister und, soweit sie in Italien gelegene Immobilien betrifft, in das Immobilienregister eingetragen werden. Sie gilt gegenüber Dritten nur, wenn diese sie kannten oder hätten kennen müssen (Art. 30 Abs. 3 d.i.p; vgl. Art. 28 EUGüVO).