Dr. Anton Wiedemann, Dr. Tereza Pertot
1. Ehevertrag und Scheidungsvereinbarungen
Rz. 233
Ausdrücklich gesetzlich zugelassen sind vertragliche Regelungen des assegno im Falle eines einvernehmlichen Scheidungsantrags (Einigung über Scheidung und Scheidungsfolgen) und beim assegno una tantum (Art. 4 und 5 Abs. 8 l. div.). Auch diese "Vereinbarungen" müssen aber immer explizit in das Scheidungsurteil aufgenommen werden. Im Übrigen sind sie nur sehr eingeschränkt zulässig. So ist, wenn die Ehegatten im gesetzlichen Güterstand leben, eine einvernehmliche, von der gesetzlichen Regelung abweichende Vermögensaufteilung wegen des unabdingbaren Grundsatzes der hälftigen Teilung des Gesamtguts (Art. 210 Abs. 3 c.c.) nicht zulässig.
2. Zeitpunkt und Form
Rz. 234
Vereinbarungen können grundsätzlich ohne zeitliche Schranken geschlossen werden. Sie bedürfen der Form des Ehevertrages oder der gerichtlichen Bestätigung im Scheidungsurteil.
3. Unterhaltsvereinbarungen
Rz. 235
Die grundsätzliche Zulässigkeit vertraglicher Regelungen zum assegno ist im l. div. nicht geregelt. Die Einführung der Möglichkeit, einen einvernehmlichen Scheidungsantrag zu stellen, wird von Lehre und Rspr. als nicht ausreichend angesehen, um allgemein vorsorgende und konkrete Vereinbarungen über den assegno di divorzio anerkennen. Dagegen sprechen sowohl die anerkannte grundsätzliche Unterstützungsfunktion des assegno (siehe Rdn 181) als auch die Überlegung, dass bei einer dispositiven Natur der Scheidungsfolgen einschließlich des assegno die Entscheidungsfreiheit der Ehegatten über die Scheidung der Ehe beeinträchtigt werden könnte.
Rz. 236
Zusammenfassend ist festzuhalten: Vorsorgende, d.h. vor Rechtshängigkeit des Scheidungsverfahrens geschlossene Vereinbarungen zum assegno, sind nichtig, wenn sie den sich nach den gesetzlichen Bestimmungen ergebenden assegno ausschließen oder erheblich unterschreiten. Vereinbarungen während des Scheidungsverfahrens können dann verbindlich abgeschlossen werden, wenn sie keinen Unterhaltsverzicht darstellen, sondern als Ausgestaltung des assegno anzusehen sind. Solche Vereinbarungen müssen aber in das Scheidungsurteil aufgenommen werden; nur dann sind sie nach der Rspr. wirksam. Eine Ausnahme wird teilweise für Vereinbarungen gemacht, die dem schwächeren Ehegatten einen Vorteil gegenüber dem gesetzlichen Zustand einräumen.
4. Vereinbarungen über den Versorgungsausgleich
Rz. 237
Die Regelungen zum trattamento di fine rapporto (TFR) sind zwingender Natur.
5. Vereinbarungen über sonstige Scheidungsfolgen
a) Kindesunterhalt
Rz. 238
Der Kindesunterhalt ist für die Zukunft nicht verzichtbar. Regelungen der Ehegatten untereinander (Freistellungsverpflichtungen) sind aufgrund der Vertragsfreiheit denkbar, haben bis jetzt in der Praxis aber kaum eine Rolle gespielt. Einen bedeutsamen Impuls wird die neue Regelung des affidamento dei figli und insbesondere des affidamento condiviso (Gesetz vom 8.2.2006, Nr. 54, Art. 4), Art. 155 c.c. n.F., geben, wonach grundsätzlich der Kindesunterhalt den Vereinbarungen der Ehegatten offensteht.
b) Ehewohnung und Hausrat
Rz. 239
Beides ist in erster Linie einer Einigung der Ehegatten vorbehalten. Eine Inhaltskontrolle über die Zuweisung der Ehewohnung findet aber auch bei einvernehmlicher Scheidung aufgrund des vorrangigen Kindeswohls statt (Art. 6 Abs. 6 l. div. i.V.m. Art. 155 quater c.c. n.F.).
c) Elterliche Sorge und Umgangsrecht
Rz. 240
Die elterliche Sorge steht grundsätzlich beiden Ehegatten zu und unterliegt nicht deren Dispositionsfreiheit. Auch über den affidamento, d.h. welchem Ehegatten das Kind anvertraut wird, und das Umgangsrecht entscheidet das Gericht. Es gilt der Grundsatz der affidamento condiviso und des Fortbestehens eines "rapporto equilibrato e continuativo" mit beiden Elternteilen (Art. 6 Abs. 2 l. div. i.V.m. Art. 155 Abs. 1–3 c.c. n.F.). Bestehende Vereinbarungen der Ehegatten sind einer inhaltlichen Kontrolle nach dem interesse morale e materiale der Kinder unterworfen (Art. 6 Abs. 2 l. div. i.V.m. Art. 155 c.c. n.F.).
d) Erb- und Pflichtteilsverzicht
Rz. 241
Ein Erb- und Pflichtteilsverzicht ist nach italienischem Recht nicht möglich. Der Güterstand hat keine Auswirkungen auf die gesetzliche Erbfolge und den Pflichtteil.