Rz. 143

Der Stiftungszweck ist das zentrale Element des Stiftungsbegriffs. Er definiert, was mit den Mitteln der Stiftung getan werden soll und darf. Die Stiftung existiert nur um der Zweckerfüllung willen. So sind die Organe der Stiftung auch nicht zu autonomer Willensbildung, sondern allein zur Erfüllung des Stiftungszwecks berufen. Die Vorschriften über die staatliche Stiftungsaufsicht haben das Ziel, den Stiftungszweck notfalls gegen die Organe der Stiftung, ja selbst gegen den Stifter zu verteidigen, falls er sich nach der Anerkennung der Stiftung anders entscheiden und in diesem Sinne Einfluss auf die Stiftung nehmen sollte. Deshalb sollte der Stiftungszweck so eindeutig wie möglich formuliert werden.

 

Rz. 144

Eine Stiftung kann zu jedem Zweck errichtet werden, der "das Gemeinwohl nicht gefährdet" (§ 80 Abs. 2 Satz 1 BGB). Die praktische Bedeutung dieser Einschränkung ist nicht ganz klar. Unzulässig sind jedenfalls rechtswidrige Stiftungszwecke. Welche Zwecke darüber hinaus, gewissermaßen im Vorfeld der Rechtswidrigkeit, nicht erlaubt sind, lässt sich aus dem Gesetzestext nicht ableiten. Es ist deshalb auch wiederholt die Aufgabe dieses Kriteriums und die Beschränkung auf "jeden rechtmäßigen Zweck" gefordert worden.[178]

 
Praxis-Beispiel

Franz Schönhuber-Stiftung

Eine Gemeinwohlgefährdung wurde angenommen im Fall der geplanten Franz Schönhuber-Stiftung der Partei "Die Republikaner".[179] Hier wurde die Anerkennung (damals: Genehmigung) versagt mit der Begründung, die Stiftung verfolge Ziele, die das Gemeinwohl gefährdeten. Der Stiftungszweck war u. a. wie folgt formuliert: "Zweck der Stiftung ist es, politisches Wissen zu vermitteln, die staatsbürgerliche Bildung des deutschen Volkes auf demokratischer und republikanischer Grundlage zu fördern und das Bewußtsein von der Einheit der Nation in allen ihren Teilen wachzuhalten." Das BVerwG hielt es für zutreffend, bei der Prognose zur Gemeinwohlgefährdung nicht nur auf den ausdrücklichen Stiftungszweck, sondern darüber hinaus auch auf Äußerungen von Funktionären von Untergliederungen der Partei – also der Stifterin – zu rekurrieren. Mit der Formulierung "auf republikanischer Grundlage" beziehe sich die Satzung nicht auf das republikanische Prinzip des Art. 20 GG, sondern auf die Ziele und das Programm der Partei "Die Republikaner". Daher gefährde die Stiftung Verfassungsgüter wie die Achtung der Menschenwürde oder das Verbot der Diskriminierung wegen der Rasse, der Sprache, der Abstammung und des Glaubens.

Diese Entscheidung ist in der Literatur vielfach zu Recht kritisiert worden. Entgegen der Ansicht des BVerwG und der Vorinstanz missachtet sie sehr wohl das Monopol des Parteiverbots des Bundesverfassungsgerichts sowie das Parteienprivileg des Art. 21 GG. Sie ebnet einer willkürlichen Auslegung des Begriffs der "Gemeinwohlgefährdung" und der Stiftungssatzung durch die Stiftungsbehörden und Gerichte den Weg. Vielfach wird daher gefordert, den Begriff der Gemeinwohlgefährdung auf die Gesetzesverletzung zu beschränken.[180]

In einem anderen Fall verweigerte die zuständige Stiftungsaufsicht zunächst die Anerkennung einer Stiftung zugunsten von jugendlichen Gewaltopfern, in die ein verurteilter Kindermörder involviert war. Die Stiftungsaufsicht begründete die Ablehnung jedoch nicht mit einer Gefährdung des Gemeinwohls, sondern mit der (angeblichen) Sittenwidrigkeit des Stiftungsgeschäfts, das wegen § 138 BGB nichtig sei. Die Mitwirkung des Straftäters in der Stiftung führe dazu, dass die Stiftung mit seinem Namen untrennbar verbunden sei. Der Fall führte zu erheblichem öffentlichen Interesse und einer teilweise stark emotional geführten Debatte. Festzuhalten bleibt hierbei, dass der Stiftungszweck unzweifelhaft das Gemeinwohl nicht gefährdete. Ob neben den im BGB normierten Anerkennungsvoraussetzungen für eine Anwendung von § 138 BGB im Anerkennungsverfahren der Stiftungsaufsicht tatsächlich noch Raum bleibt,[181] blieb letztlich unentschieden, da es zu einem Kompromiss zwischen den Initiatoren der Stiftung und der Behörde kam.[182]

 

Rz. 145

Der Stiftungszweck muss auf (gewisse) Dauer angelegt sein. Dauerhaftigkeit bedeutet nicht Ewigkeit. Auch die Stiftung "auf Zeit" oder die Verbrauchsstiftung sind zivilrechtlich zulässig.[183] Der Zweck der Stiftung darf sich nur nicht in der einmaligen Verwendung von Vermögen erschöpfen.[184]

 

Rz. 146

Die Stiftung kann mehrere Zwecke haben, die auch nicht in einem inhaltlichen Zusammenhang stehen müssen. Der Stifter kann auch vorsehen, unter welchen Voraussetzungen und/oder in welcher Reihenfolge die Stiftungszwecke verwirklicht werden sollen, etwa nach Maßgabe der zur Verfügung stehenden Mittel.

 

Rz. 147

Bei gemeinnützigen Stiftungen ist der Formulierung des Stiftungszwecks besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Es muss sich aus der Stiftungssatzung ergeben, dass die Stiftung alle Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit erfüllt. Daher ist es zweckmäßig, Formulierungen zu wählen, die eine Zuordnung zu den entsprechenden steuerrechtlichen...

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