Nils Neuwerth, Dipl.-Kfm. Hans-Joachim Rux
1.1.4.1 Maßnahmen gegenüber der Komplementär-GmbH
Rz. 219
Der Komplementär-GmbH kann gemäß §§ 117, 161 Abs. 2 HGB auf Antrag der Kommanditisten die Geschäftsführungsbefugnis durch gerichtliche Entscheidung entzogen werden, wenn ein wichtiger Grund – insbesondere eine grobe Pflichtverletzung oder Unfähigkeit zur ordnungsmäßigen Geschäftsführung – vorliegt. Dabei wird ihr das fehlerhafte Tun und Unterlassen ihrer Geschäftsführer zugerechnet.
Rz. 220
In der Praxis erfolgt die Entziehung weniger häufig aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung. Es ist vielmehr üblich, dass die Gesellschaftsverträge abweichend von der gesetzlichen Regelung bestimmen, dass die Geschäftsführungsbefugnis durch einen Mehrheitsbeschluss aller Gesellschafter entzogen werden kann. Die Gründe, die eine Entziehung rechtfertigen, werden meistens im Gesellschaftsvertrag konkretisiert. Es ist aber auch eine gesellschaftsvertragliche Vereinbarung zulässig, wonach die Geschäftsführungsbefugnis ohne wichtigen Grund nach dem freien Ermessen der Gesellschaftermehrheit entzogen werden kann.
Rz. 221
In der Praxis fallen Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis und Entziehung der Vertretungsbefugnis in der Regel zusammen. Das Gesetz hat auch die Entziehungstatbestände gleich geregelt, §§ 161 Abs. 2, 117, 127 HGB. Ein Unterschied besteht lediglich dann, wenn die KG nur einen persönlich haftenden Gesellschafter hat. Dem kann nicht die Vertretungsbefugnis, wohl aber die Geschäftsführungsbefugnis entzogen werden. Anders als die Vertretungsbefugnis (§ 170 HGB) ist die Geschäftsführungsbefugnis nicht zwingend an die persönlich haftenden Gesellschafter gebunden. Sie kann durch Gesellschaftsvertrag unter Ausschluss des persönlich haftenden Gesellschafters einem oder mehreren Kommanditisten übertragen werden, §§ 161 Abs. 2, 114 Abs. 2, 163 HGB. Ist die Komplementär-GmbH einzige persönlich haftende Gesellschafterin und wird ihr die Geschäftsführungsbefugnis entzogen, wird die GmbH & Co. KG also nicht geschäftsführungslos. Sofern der Gesellschaftsvertrag für diesen Fall keine Ersatzlösung vorsieht, fällt die Geschäftsführungsbefugnis ohne weiteres den Kommanditisten in ihrer Gesamtheit zu.
Rz. 222
Wenn die Kommanditisten auch Gesellschafter der Komplementär-GmbH sind, können sie auch den Geschäftsführer der GmbH abberufen (§§ 38, 46 Nr. 5 GmbHG), ohne dass sie der GmbH die Geschäftsführungsbefugnis entziehen müssen. Ist diese Maßnahme weniger einschneidend und für die Beteiligten eine zumutbare Lösung, sind die Kommanditisten sogar gehalten, diese Maßnahme nach dem Grundsatz des mildesten Mittels zu wählen.
1.1.4.2 Abberufung des GmbH-Geschäftsführers
Rz. 223
Wird der Komplementär-GmbH die Geschäftsführungsbefugnis entzogen, bleibt die Stellung ihres Geschäftsführers als ihr Organ davon rechtlich unberührt. Auswirkungen hat es insofern, als er nicht länger befugt ist, als mittelbarer Geschäftsführer die Geschäfte der KG zu führen, da ihm hierzu nun seine durch die GmbH vermittelte Kompetenz fehlt. Als Geschäftsführer der GmbH ist er jedoch befugt, alle der GmbH noch verbleibenden Geschäfte zu führen. Soll ihm die Kompetenz zur Geschäftsführung entzogen werden, ist § 38 GmbHG einschlägig. Gemäß §§ 38 Abs. 1, 46 Nr. 5 GmbHG können die GmbH-Gesellschafter die Bestellung eines ihrer Geschäftsführer jederzeit widerrufen, ohne dass es der Nennung von Gründen bedarf. Das gilt jedoch nur insoweit, als nicht in der GmbH-Satzung die Abberufung von dem Vorliegen wichtiger Gründe abhängig gemacht wird, § 38 Abs. 2 GmbHG.
Rz. 224
Rechte der Kommanditisten
Die Abberufung des GmbH-Geschäftsführers fällt also in die Kompetenz der GmbH-Gesellschafter und schließt Dritte von einer Mitwirkung aus, § 46 Nr. 5 GmbHG. In einer GmbH & Co. KG kann diese Regelung insoweit Probleme aufwerfen, als die Kommanditisten als Kapitalgeber vom Fehlverhalten der Geschäftsführer häufig am stärksten betroffen sind. Daher wird in der Literatur die Frage aufgeworfen, ob nicht zumindest in einer Publikums-KG die Kommanditisten die Möglichkeit erhalten sollen, die Abberufung des Geschäftsführers der Komplementär-GmbH zu betreiben.
Rz. 225
Zum Teil wird den Kommanditisten analog §§ 117, 127 HGB das Recht zugesprochen, auf gerichtlichem Wege die Abberufung zu betreiben. Der Geschäftsführer bleibt danach zwar weiterhin Organ der GmbH, ist aber zukünftig gehindert, für die KG tätig zu werden.
Rz. 226
Beendigung des Anstellungsvertrages
Die Abberufung des Geschäftsführers durch die GmbH-Gesellschafter beendet seine Organstellung, d. h., er ist nicht mehr zur G...