Nils Neuwerth, Dipl.-Kfm. Hans-Joachim Rux
Rz. 332
Der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH haftet grundsätzlich nicht gegenüber Dritten im Außenverhältnis. Die aus § 43 Abs. 2 GmbHG folgende Schadensersatzpflicht des Geschäftsführers besteht nur gegenüber der Gesellschaft. Eine persönliche Haftung gegenüber Dritten kommt aber in Fällen der unerlaubten Handlung in Betracht. Hier zeigt die Rechtsprechung eine Tendenz, das Haftungsrisiko des Geschäftsführers auszuweiten. Während früher die Haftung des Geschäftsführers vorwiegend aus § 826 BGB begründet wurde – also nur bei Vorsatz in Betracht kam –, gibt es inzwischen eine Reihe von Entscheidungen zur Haftung wegen Fahrlässigkeit aus § 823 Abs. 1 und Abs. 2 BGB.
Zu einer Haftung gemäß § 823 Abs. 2 BGB kommt es, wenn der Geschäftsführer ein Schutzgesetz zugunsten des Gesellschaftsgläubigers verletzt. Zu diesen Schutzgesetzen zählen sowohl strafrechtliche Vorschriften wie § 263 StGB (Betrug) oder § 266 StGB (Untreue) als auch § 9a GmbHG (falsche Angaben im Zusammenhang mit Sachgründungsberichten, Handelsregistereintragungen betreffend Stammkapitalerhöhungen, Verwendung eingezahlter Beträge usw.) und § 15a Abs. 1 InsO (Insolvenzantragspflicht).
Rz. 333
Beantragt der Geschäftsführer einer GmbH bzw. GmbH & Co. KG bei Überschuldung der Gesellschaft nicht unverzüglich, spätestens nach drei Wochen, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens, weil er die Insolvenz übersehen hat, handelt er fahrlässig. Er haftet in diesem Fall den Gesellschaftsgläubigern aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 15a Abs. 1 InsO. Hat der Geschäftsführer vorsätzlich gehandelt, haftet er außerdem aus § 826 BGB.
Nach der Rechtsprechung des BGH zu der vor dem 1.1.1999 geltenden Konkursordnung lag der durch den Geschäftsführer verursachte Schaden allein darin, dass die Konkursverschleppung zu einer Verringerung des Gesellschaftsvermögens und damit zu einer Schmälerung der Konkursquote führte. Die Haftung des Geschäftsführers beschränkte sich also auf Quotenschaden. Wenn ein Konkursverfahren stattfand, wurde Schadensersatz durch den Geschäftsführer in der Weise geleistet, dass der Konkursverwalter die gesamte Differenz zur Konkursmasse einzog.
Der BGH hat später diesbezüglich eine Differenzierung vorgenommen und entschieden, dass die Begrenzung auf den Quotenschaden in Zukunft nur für Altgläubiger gelten soll, d. h. für Gläubiger, die schon bei Eintritt der Insolvenzreife einen Anspruch gegen die Gesellschaft hatten. Dagegen können Neugläubiger, die ihren Anspruch gegen die Gesellschaft erst nach der Insolvenzreife erworben haben, vollen Schadensersatz erlangen. Der Geschäftsführer hat ihnen das sog. negative Interesse zu ersetzen; d. h., er muss die Neugläubiger so stellen, wie sie stehen würden, wenn sie das Geschäft mit der Gesellschaft überhaupt nicht vorgenommen hätten. Der Neugläubiger kann seinen Schadensersatzanspruch gegen den Geschäftsführer persönlich geltend machen, der Insolvenzverwalter ist hierzu nicht berechtigt. Die Schadensersatzpflicht des Geschäftsführers ist dabei nicht um die auf die Neugläubiger entfallene Insolvenzquote zu kürzen, vielmehr kann der Geschäftsführer entsprechend § 255 BGB Abtretung der Insolvenzforderungen der Neugläubiger verlangen.
Rz. 334
Außerdem hat die Rechtsprechung in begrenzten Ausnahmefällen auch eine Haftung des Geschäftsführers nach den Grundsätzen des Verschuldens bei Vertragsschluss (culpa in contrahendo) anerkannt. Mit dem Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes am 1.1.2002 wurden diese Grundsätze gesetzlich in den §§ 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 und Abs. 3 BGB verankert. Diese Haftung wird vor allem in zwei Fallgruppen aufgenommen: Zum einen, wenn der Geschäftsführer bei den Vertragsverhandlungen in besonderem Maße ein persönliches Vertrauen in Anspruch genommen hat. Dies ist dann der Fall, wenn der Geschäftsführer seine besondere Fachkunde, sein allgemein anerkanntes berufliches Ansehen oder seine Kreditwürdigkeit bei den Vertragsverhandlungen eingebracht hat. Zum anderen kommt eine Haftung aus culpa in contrahendo in Betracht, wenn der Geschäftsführer ein unmittelbares eigenes wirtschaftliches Interesse an dem Geschäft hat und eigenen Nutzen daraus zieht. Ein Eigeninteresse des Geschäftsführers lässt sich allerdings noch nicht aus seiner Beteiligung an der Gesellschaft herleiten; auch ein Provisionsinteresse oder von dem Geschäftsführer zur Verfügung gestellte Sicherheiten begründen allein noch kein Eigeninteresse. Insgesamt ist die Rechtsprechung in diesen Fällen – außer in Prospekthaftungsfällen bei Publikums-KGen – außerordentlich zurückhaltend.