Rz. 27
Nach Satz 4 gelten die Sätze 2 und 3 nicht, wenn
- der Beschäftigte seinen Pflichten nach § 28o Abs. 1 vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachkommt oder
- er den Gesamtsozialversicherungsbeitrag allein trägt oder
- solange der Beschäftigte nur Sachbezüge erhält.
Nur in diesen Fällen kann der Arbeitgeber seinen Anspruch gegen den Arbeitnehmer auf den Arbeitnehmeranteil in jeder ihm geeignet erscheinenden Weise, also auch durch Klage, geltend machen. Andere Formen der Rückerstattung der vom Arbeitgeber gezahlten Arbeitnehmeranteile sind damit ausgeschlossen (vgl. LAG Hessen, Urteile v. 25.11.2009, 18 Sa 1412/09, 18/10 Sa 1600/05, 18 Sa 1412/09, 18/10 Sa 1600/05).
Rz. 28
Sofern der Arbeitnehmer vorsätzlich oder grob fahrlässig seinen Auskunfts- und Vorlagepflichten nach § 28o Abs. 1 Satz 1 nicht nachgekommen ist und der Arbeitgeber deshalb seine Meldepflichten wegen der fehlenden Mitwirkung des Arbeitnehmers nicht ordnungsgemäß erfüllen konnte, ist nach § 28g Satz 4 der Rückgriff des Arbeitgebers nicht auf das Lohnabzugsverfahren beschränkt. Der praktische Fall, dass ein Arbeitnehmer ein weiteres geringfügiges Beschäftigungsverhältnis verschwiegen hat und deshalb der Arbeitgeber in Unkenntnis der erforderlichen Zusammenrechnung von Versicherungsfreiheit ausgegangen ist, wurde allerdings durch den nach § 8 Abs. 2 Satz 3 aufgeschobenen Beginn der Versicherungspflicht entschärft.
Rz. 29
Auch soweit der Beschäftigte den Gesamtsozialversicherungsbeitrag allein zu tragen hat, ist der Arbeitgeber nicht auf das Lohnabzugsverfahren beschränkt. Dieser Gesamtsozialversicherungsbeitrag wird im Regelfall je zur Hälfte von Arbeitnehmer und Arbeitgeber getragen. Zwischenzeitlich gibt es aber eine Vielzahl von Ausnahmen von dieser vorbefindlichen Quotierung. Erfasst sind hier vor allem die Fälle, in denen dem Beschäftigten besondere Beitragsanteile angelastet werden, also insbesondere der Beitragszuschlag für Kinderlose in der Pflegeversicherung und der ab 1.1.2015 einkommensabhängige, kassenindividuell festgelegte Zusatzbeitrag zu Krankenversicherung (§§ 242 Abs. 1, 249 Abs. 1 SGB V). Den Gesamtsozialversicherungsbeitrag allein tragen ferner Auszubildende und Praktikanten, die ein auf den Monat bezogenes Arbeitsentgelt von maximal 325,00 EUR beziehen (Geringverdienergrenze). Sofern diese Beschäftigten mehr verdienen, zahlen sie selbst Beiträge zur Sozialversicherung. Im Übergangsbereich hat der Arbeitnehmer nur einen reduzierten Arbeitnehmerbeitrag zu leisten. Für die Berechnung der Beiträge wird nicht das tatsächliche Arbeitsentgelt genommen, sondern ein fiktives Arbeitsentgelt ermittelt (vgl. https://www.deutsche-rentenversicherung.de/DRV/DE/Experten/Arbeitgeber-und-Steuerberater/Gleitzone-Uebergangsbereich/uebergangsbereich_gleitzone.html). Weitere Beispiele sind https://www.lohn-info.de/beitragsberechnung_ausnahmen.html zu entnehmen.
Rz. 30
Der Ausschluss der Beschränkung auf das Lohnabzugsverfahren besteht schließlich auch in Fällen, in denen der Beschäftigte ausschließlich Sachbezüge erhält. Das sind Zuwendungen des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer, die nicht in Geld, sondern in Geldeswert bestehen und im Rahmen des Dienstverhältnisses zufließen. In Abgrenzung zum Barlohn bezeichnet man diese Form des Arbeitslohns auch als geldwerten Vorteil oder Sachlohn. Hierunter fällt insbesondere der Bezug von freier Kleidung, Wohnung, Kost und Logis oder Überlassung von Dienstfahrzeugen (https://www.haufe.de/personal/haufe-personal-office-platin/sachbezuege_idesk_PI42323_HI522056.htm). Der Gesetzesbegründung zufolge ist davon auszugehen, dass es Fälle, in denen Arbeitsentgelt ganz oder überwiegend aus Sachbezügen besteht, nicht mehr gibt (BT-Drs. 11/2221 S. 24).