2.5.1 Freiwillige Versicherung trotz Einstrahlung
Rz. 9
In Fallkonstellationen, die § 3 Nr. 2 SGB IV zuzuordnen sind, verbleibt es bei dessen Anwendung. Diese Norm wird durch § 5 nicht ausgeschlossen (vgl. Wietek, in: LPK-SGB IV, 2007, § 5 Rz. 5; Udsching, in: Hauck/Noftz, SGB IV, § 5 Rz. 9). Nach § 3 Nr. 2 ist für die Frage, ob und inwieweit deutsches Sozialversicherungsrecht anzuwenden ist, maßgebend auf den Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort abzustellen. Infolgedessen besteht die Möglichkeit, eine freiwillige Versicherung nach §§ 7, 232 abzuschließen, wenn bei langfristigen Entsendungen ein Wohnsitz oder dauernder Aufenthalt des Entsandten im Geltungsbereich des SGB begründet wird.
2.5.2 EU-Recht/zwischenstaatliche Abkommen
Rz. 10
§ 5 wird durch die Kollisionsnormen verdrängt, soweit er im Widerspruch zu diesen steht (vgl. BSG, Urteil v. 30.4.2003, B 11 AL 53/02 R, SozR 4-6050 Art. 71 Nr. 1 zu Art. 13 ff. EWGVO 1408/71). Der praktische Anwendungsbereich von § 5 ist daher sehr eng; er beschränkt sich letztlich auf Fallkonstellationen mit asiatischen, afrikanischen und lateinamerikanischen Ländern (Wietek, a. a. O., § 5 Rz. 4). Das resultiert daraus, dass § 5 durch EU-Recht sowie zwei- und mehrseitige staatliche Abkommen betreffend die soziale Sicherheit einerseits und andererseits durch das Recht der einzelnen Versicherungszweige des SGB (hierzu § 1 Abs. 3 und die Komm. zu § 4) verdrängt wird. § 5 hat insofern lediglich den Charakter als Auffangfunktion für Entsendungen aus denjenigen Staaten, gegenüber denen die Bundesrepublik weder durch ein bilaterales Sozialversicherungsabkommen noch durch einen multilateralen Vertrag gebunden ist. Derartige Verträge sowie supranationales Recht (§ 6) gehen § 4 vor. Dabei ergibt sich aus dem Zusammenwirken der §§ 5, 6 SGB IV einerseits und Art. 6 ff. EWGVO 1408/71 bzw. EGVO 883/2004 (vgl. zur Geltung jeweils die Komm. zu § 4) anderseits eine Normenhierarchie. In relevanten Fallgestaltungen ist zunächst zu klären, ob zuerst primäres Gemeinschaftsrecht und dann sekundäres Gemeinschaftsrecht (EWGVO 1408/71, EGVO 883/2004, EGVO 988/2009) anzuwenden ist. Sofern das zu verneinen ist, bleibt zu prüfen, ob zwischenstaatliches Recht auf der Grundlage multilateraler oder bilateraler Abkommen einschlägig ist. Trifft auch das nicht zu, wird § 5 relevant.
Rz. 11
Infolge des Beschlusses des Gemeinsamen EWR-Ausschusses v. 1.7.2011 (ABl. EU 262/33) gelten seither auch im Verhältnis zu den EWR-Staaten die EGVO 883/2004 und 988/2009. Auch hinsichtlich der Schweiz ist die EWGVO 1408/71 durch EGVO 883/2004 mit Wirkung zum 1.4.2012 ersetzt worden (ABl. EU L 103/51 v. 13.4.2012). Grundlage hierfür ist der Beschluss Nr. 1/2012 des Gemischten Ausschusses eingesetzt im Rahmen des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit v. 31.3.2012 zur Ersetzung des Anhangs II dieses Abkommens über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (abrufbar im Internet auf der Homepage der Schweizer Regierung unter https://www.admin.ch).