0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
§ 43 wurde durch Art. 1 Nr. 10 des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit v. 20.12.2000 (BGBl. I S. 1827) mit Wirkung zum 1.1.2001 (Art. 24 Abs. 1) als zentrale Anspruchsgrundlage für die Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit in das SGB VI eingefügt. § 43 in seiner ab 1.1.2001 geltenden Fassung ersetzt damit die §§ 43, 44 in ihren bis zum 31.12.2000 geltenden Fassungen (a. F.), die den Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit und Erwerbsunfähigkeit normierten. Die Versicherungsfälle der Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit sind im Sinne einer abgestuften Erwerbsminderungsrente durch die Versicherungsfälle der vollen und teilweisen Erwerbsminderung ersetzt worden. Da der mit dem RRG 1999 v. 16.12.1997 (BGBl. I S. 2998) vorgesehene völlige Wegfall eines Anspruchs auf Rente wegen Berufsunfähigkeit verfassungsrechtlich bedenklich erschien, begründet die mit dem Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit eingeführte Übergangsbestimmung des § 240 – angesichts der möglichen Rentengewährung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (vgl. Rz. 11) für eine Übergangszeit von mehr als 25 Jahren – einen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit für Versicherte, die vor dem 2.1.1961 geboren sind, d. h., die im Zeitpunkt des Inkrafttretens der vorgenannten Bestimmung am 1.1.2001 das 40. Lebensjahr bereits vollendet hatten. Für alle jüngeren Versicherten besteht damit bei Berufsunfähigkeit kein Rentenanspruch. Durch § 43 wurde – verglichen mit der bis zum 31.12.2001 geltenden Gesetzeslage – nur der Versicherungsfall der Erwerbsminderung neu geregelt. Die übrigen Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung der Erwerbsminderungsrente (Erfüllung der allgemeinen Wartezeit und die sog. Dreifünftelbelegung nach § 43 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 2) entsprechen weiterhin der bis zum 13.12.2000 geltenden Rechtslage.
Durch Art. 1 Nr. 12 des Gesetzes zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz) v. 20.4.2007 (BGBl. I S. 554) ist die in Abs. 1 Satz 1 bestimmte (Höchst-)Altersgrenze, bis zu der die Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit geleistet werden darf, mit Wirkung zum 1.1.2008 (Art. 27 Abs. 1 des Gesetzes) geändert worden. Während § 43 in seiner bis zum 31.12.2007 geltenden Fassung die Zahlung einer Erwerbsminderungsrente bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres zuließ, stellt § 43 mit Wirkung zum 1.1.2008 insoweit auf das Erreichen der Regelaltersgrenze ab (i. S. d. §§ 35, 235 i. d. F. ab 1.1.2008; vgl. hierzu auch Rz. 10a).
Rz. 2
Obwohl die §§ 43, 44 a. F. seit dem 1.1.2001 nicht mehr im Gesetz enthalten sind, finden sie aufgrund der Übergangsbestimmungen der §§ 302b 314b (i. d. F. des Altersgrenzen-Anpassungsgesetzes) auch weiterhin – jedenfalls in Einzelfällen – Anwendung. Nach den vorgenannten gesetzlichen Regelungen besteht der Anspruch auf Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit nach altem Recht fort, bis der Leistungsberechtigte die Regelaltersgrenze erreicht hat und solange die Anspruchsvoraussetzungen der §§ 43, 44 a. F. vorliegen, wenn bereits (spätestens) am 31.12.2000 Anspruch auf eine solche Rente bestanden hat und über den 31.12.2000 hinaus fortbesteht.
Rz. 3
Voraussetzung für die Anwendung des bis zum 31.12.2000 geltenden Rechts ist jedoch, dass spätestens am 31.12.2000 ein aus dem subjektiven Rentenstammrecht des Versicherten hervorgewachsener, antragsabhängiger (§ 99) monatlicher Einzelzahlungsanspruch auf Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit entstanden ist. Nur hierbei handelt es sich um einen Anspruch i. S. d. §§ 302b, 314b.
Rz. 4
Da die §§ 43, 44 in ihrer bis zum 31.12.2000 geltenden Fassung mithin über die §§ 302b, 314b weiterhin einschlägig sein können, findet sich eine Kommentierung dieser gesetzlichen Regelungen unter Rz. 47a ff.
1 Allgemeines
1.1 Regelungszweck
Rz. 5
§ 43 bildet das Ergebnis seit Jahren bestehender, durch die Verabschiedung des RRG 1999 erstmals konkret umgesetzter, jedoch durch das Gesetz zur Korrektur in der Sozialversicherung und Versicherung der Arbeitnehmerrechte (Korrekturgesetz) v. 19.12.1998 (BGBl. I S. 3843) zunächst ausgesetzter Bestrebungen zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Wesentliches Ziel dieser Reformbestrebungen war es zunächst, den Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit langfristig zum Wegfall zu bringen, da dieser Anspruch in der Rechtspraxis zunehmend an Bedeutung verloren hatte und die Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen für die Sozialleistungsträger und Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit mit unverhältnismäßigem Verwaltungsaufwand verbunden war/ist. Im Übrigen wurde es zunehmend als ungerecht angesehen, dass nach der Rechtsprechung des BSG zum Versicherungsfall der Berufsunfähigkeit ungelernte Versicherte, die auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar sind, im Ergebnis die Rente wegen Berufsunfähigkeit nicht beanspruchen können, obwohl sie an...