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Bereits als 1950 das System des authorized capital eingeführt wurde, hatten Aktiengesellschaften nicht die Pflicht, das dem Kapitalbetrag entsprechende Vermögen auch tatsächlich zu erhalten (Kapitalerhaltungsregel). Verlorengegangenes Vermögen musste nicht wieder aufgefüllt werden. Daran änderte auch das seit 1990 existierende System des Mindestgrundkapitals nichts. Es schützte nicht direkt die Gläubiger, sondern verhinderte nur die missbräuchliche Gründung von Kapitalgesellschaften, indem zum Zeitpunkt der Gründung ein Mindestbetrag an Kapital in die Gesellschaft eingebracht werden musste. Im Jahre 2003 wurden erstmals Ausnahmen vom Erfordernis des Mindestgrundkapitals eingeführt. Bei Vorliegen bestimmter Kriterien konnten Gesellschaftsgründer vom Wirtschaftsministerium (keizai sangyō shō) auf Antrag eine Bestätigung über das Vorliegen dieser Kriterien erhalten. Die mit einer solchen Bestätigung ausgerüstete Gesellschaft (GmbH und Aktiengesellschaft: kakunin yūgen gaisha bzw. kakunin kabushiki gaisha) war auf fünf Jahre vom Erfordernis der Aufbringung des Mindestgrundkapitals befreit. War das Mindestgrundkapital nach fünf Jahren noch immer nicht beisammen, sollte die Gesellschaft nach der ursprünglichen Gesetzesregelung wieder aufgelöst werden. Dazu kam es aber nicht, denn aufgrund der Erfahrungen mit dem Ausnahmesystem entschied man sich in der Reform des Jahres 2005, das System des Mindestgrundkapitals gänzlich abzuschaffen. Schutz vor Missbrauch der beschränkten Haftung soll nun zum einen die schon bisher – wenn auch zurückhaltend – praktizierte Durchgriffshaftung (hōjinkaku hinin no hōri) bieten. Zum anderen sollen Gläubiger dadurch geschützt werden, dass Aktiengesellschaften (auch Ausnahme-GmbHs) unverzüglich nach der Generalversammlung der Aktionäre eine Bilanz veröffentlichen müssen. Große Gesellschaften müssen zusätzlich eine Gewinn- und Verlustrechnung beifügen. Schließlich ist eine Ausschüttung von Gewinnen erst möglich, wenn das Reinvermögen der Gesellschaft 3 Mio. Yen oder mehr beträgt.

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