Rz. 134
Zweck des Versicherungstatbestands Nr. 13 Buchst. c ist der Schutz der Personen, die für das Gemeinwohl – hier die Rechtsordnung – tätig werden. Die Vorschrift hat Bezug zu der Berechtigung eines jeden, gegen Straftaten einzuschreiten (§ 127 StPO). Der Schutz geht aber weiter als die dortige Berechtigung, da ein Eingreifen beim Verdacht einer aktuellen Straftat als versicherte Verrichtung genügt. Der Eingreifende muss den Täter nicht auf frischer Tat oder der Flucht antreffen. Die Straftat muss sich aber in einem strafrechtlich relevanten Stadium (Versuchs- oder Verlaufsstadium) befinden, kann aber auch schon beendet sein. Vorbereitungen oder der Verdacht künftiger Straftaten genügen nicht (BSG, Urteil v. 27.11.1963, 2 RU 175/62). Der Versicherungstatbestand gilt nach Abs. 3 Satz 5 der Vorschrift auch für Personen, die im Ausland tätig werden, wenn sie ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben.
Rz. 135
Versicherte Handlung ist die Verfolgung oder die Festnahme des Verdächtigen durch persönlichen Einsatz (Alt. 1). Dies verlangt ein aktives Handeln zur unmittelbaren Ergreifung des Täters (Verfolgen, Versperren des Wegs, Festhalten, Einschließen). Versichert ist auch der persönliche Einsatz zum Schutz eines widerrechtlich Angegriffenen (Alt. 2), solange der Angriff andauert und zu dessen Abwehr gehandelt wird. Nach beiden Alternativen muss ein Handeln des Helfers als Person erfolgen. Personen, die eine nach Nr. 13 Buchst. c versicherte Tätigkeit verrichtet haben, haben nach Maßgabe des § 13 ausnahmsweise Anspruch auf den Ersatz der Sachschäden, die ihnen infolge der versicherten Tätigkeit entstanden sind.
Rz. 136
Die Versicherung nach Abs. 1 Nr. 13 Buchst. c ist zeitlich eingeschränkt. Sie besteht nur, solange die Verfolgung oder Festnahme stattfindet oder der widerrechtliche Angriff andauert. Die Gefahr durch einen Angriff ist aktuell, wenn und solange zu befürchten ist, dass die Gefahr noch nicht abgeschlossen ist und weiterer Schaden droht (BSG, Urteil v. 18.11.2008, B 2 U 27/07 R; dazu Holtstraeter, SGb 2009 S. 685).
Rz. 137
Allerdings hat das BSG sich an anderer Stelle gegen eine Beschränkung des Versicherungsschutzes allein auf die Zeit der Hilfeleistung ausgesprochen. Der Versicherungsschutz reicht über diesen Zeitrahmen hinaus, wenn es um einen durch die Hilfeleistung verursachten und ihr zuzurechnenden Racheakt geht. Der mit den Versicherungstatbeständen der Nr. 13 Buchst. a oder c verfolgte Zweck, das Eintreten für andere in solchen Gefahrensituationen unfallversicherungsrechtlich abzusichern, spricht gegen eine enge zeitliche Beschränkung (BSG, Urteil v. 18.11.2008, B 2 U 27/07 R). Zwar ist der Versicherungstatbestand grundsätzlich auf die Dauer des Einsatzes für die Rechtsordnung sowie den engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit diesem beschränkt. Allerdings können auch nach Abschluss der ursprünglichen Gefahrensituation Handlungen des Verfolgten oder Dritter dem Versicherungstatbestand zugerechnet werden (alsbaldige Rache, Rache nach Jahren, Rache durch Dritte), wenn sie mit der versicherten Tätigkeit nach Nr. 13 Buchst. c in einem sachlichen Zusammenhang stehen (Mutschler, NZS 2014 S. 647; ders., SGB 2011 S. 684). Daneben kommen entschädigungsrechtliche Ansprüche z. B. nach dem OEG in Betracht.
Rz. 138
Der Einsatz ist versichert, wenn er von der Handlungstendenz getragen ist, eine verdächtige Person zu verfolgen oder festzunehmen. Die Rechtsprechung hat es insoweit genügen lassen, dass die Straftat gegen den Verfolgenden/Festnehmenden selbst gerichtet ist (str.; so BSG, Urteil v. 29.5.1964, 2 RU 47/61 zu § 537 RVO; BSG, Urteil v. 11.6.1990, 2 RU 60/89). Insoweit sind allerdings Bedenken erhoben worden (Ricke, BG 1992 S. 712, 716). Da es bei der Versicherung nach Nr. 13 Buchst. c Alt. 1 um die Verteidigung der Rechtsordnung durch Verfolgung oder Festnahme des Verdächtigen geht, kommt es aber nicht darauf an, gegen wen sich die Tat gerichtet hat. Die Straftat kann gegen Dritte oder den Eingreifenden selbst gerichtet sein (a. A. nach einer gegen den Verfolger gerichteten Straftat: LSG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 18.11.2015, L 2 U 63/13; mit Anm. Hollo, in: jurisPR-SozR 13/2016 Anm. 6; Hess. LSG, Urteil v. 11.3.2019, L 9 U 118/18). In solchen Fällen ist jedenfalls die Handlungstendenz des Nacheilenden besonders sorgfältig zu prüfen. Diese darf im Fall der Alt. 1 nicht darauf gerichtet sein, Schaden von eigenen Rechtsgütern abzuwenden oder eine entwendete Sache zurückzuholen, sie muss sich vielmehr auf die Verfolgung oder Festnahme eines Verdächtigen oder Täters richten.
Rz. 139
Die Beurteilung, ob der Verdacht einer Straftat besteht oder ein widerrechtlicher Angriff auf einen anderen vorliegt, kann dem Eingreifenden schwerfallen. Entscheidend ist, dass die handelnde Person nach den objektiv gegebenen Umständen nachvollziehbar annehmen darf (subjektive Sicht), dass der Verdacht einer Straftat besteht oder ein widerrechtlicher Angriff unmittelbar bevorsteht oder gerade s...