2.3.1 Satzungsmäßige Mitglieder geistlicher Genossenschaften u. a.

 

Rz. 16

Die Versicherungsfreiheit für Mitglieder von Gemeinschaften mit gemeinnütziger Zielsetzung wurde im Wortlaut an § 5 Abs. 1 Nr. 3 SGB VI angepasst (BT-Drs. 13/2204 S. 76 zu § 4). Versicherungsfrei sind satzungsmäßige Mitglieder geistlicher Genossenschaften, Diakonissen und Angehörige ähnlicher Gemeinschaften. Zu den geistlichen Genossenschaften gehören die katholischen Orden (u. a. Benediktiner, Franziskaner und Dominikaner), die Kongregationen (Redemptoristen, Salesianer Don Boscos, die Englischen Fräulein und die Salvatorianerinnen), die Säkularinstitute (u. a. Schönstatt-Patres, die Schönstätter Marienschwestern und die Gemeinschaft Unserer Lieben Frau vom Wege) und Gesellschaften des apostolischen Lebens (u. a. die Palottiner, die Weißen Väter und die Blauen Schwestern von der Hl. Elisabeth).

 

Rz. 17

Wie im Rentenversicherungsrecht sind satzungsmäßige Mitglieder geistlicher Genossenschaften nur jene, die zeitliche oder ewige Gelübde (den Profess) abgelegt haben. Novizen und Postulanten sind stets nach § 2 versicherungspflichtig, unabhängig davon, ob ihnen die übliche Versorgung zugesichert wird (vgl. weitere Beispiele bei Jung, SGb 1991 S. 154, Anm. zu BSG, Urteil v. 17.10.1990, 2 RU 63/89, SGb 1991 S. 153 = SozR 3-2200 § 541 RVO Nr. 2; FraktE-RRG BT-Drs. 11/4124 S. 151 zu § 5; zur Rentenversicherungspflicht ausdrücklich: BSG, Urteil v. 17.12.1996, 12 RK 2/96, SozR 3-2500 § 6 Nr. 14 = BSGE 79 S. 307, und Besprechung Sailer, NZS 1998 S. 464).

 

Rz. 18

Die Diakonissen sind weibliche Diakone der evangelischen Kirche, die in Mutterhäusern ausgebildet werden und im Gemeinde- und Pflegedienst tätig sind.

Zu den Angehörigen ähnlicher Gemeinschaften gehören die Heilsarmee (vgl. Schmitt, SGB VII, § 4 Rz. 14) und Vereinigungen der Zeugen Jehovas (Wachturm-Bibel und Traktatgesellschaft Deutscher Zweig e. V.). Problematisch ist die Feststellung im Hinblick auf Sekten wie die Scientologen, Fiat Lux, Maharishi European Research University u. a. Die Rechtsprechung entscheidet anhand der Gemeinnützigkeit des Verbandes. Über die steuerrechtlichen Anforderungen hinaus wird eine im allgemeinen Interesse liegende Tätigkeit im sozialen Bereich gefordert, der Erwerbszweck muss eine untergeordnete Bedeutung aufweisen (vgl. Gemeinnützigkeit des Verbandes bejaht für Diakonissen: BSG, Urteil v. 11.6.1990, 2 RU 51/89, SozR 3-2200 § 541 Nr. 1 = BSGE 67 S. 73; verneint für die MERU-Press (Maharishi European Research University), eine Gesellschaft zur Verbreitung der Ziele des Maharishi Mahesh Yogi: LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 11.12.1987, L 4 Kr 535/83, Breithaupt 1988 S. 885, 892 f.).

2.3.2 Umfang der Versicherungsfreiheit

 

Rz. 19

Ist der Verband gemeinnützig, so kommt es auf die einzelne Tätigkeit des Mitglieds nicht an. Die Versicherungsfreiheit der in § 4 Abs. 1 Nr. 3 genannten Personen erstreckt sich – im Gegensatz zu den Nr. 1 und 2 – auf die gesamte Unfallversicherung, d. h. alle in § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 17 genannten Tatbestände (allg. Ansicht; Schmitt, SGB VII, § 4 Rz. 17). Für eine Beschränkung auf bestimmte Tätigkeiten gibt es angesichts der lebenslangen Versorgungsgewährleistung kein Bedürfnis, weil eine anderweitige Sicherung ohne Rücksicht auf die Ursache besteht (vgl. BSG, Urteil v. 11.6.1990, 2 RU 51/89, SozR 3-2200 § 541 RVO Nr. 1). So sind rein kontemplative Tätigkeiten wie Meditation oder Gebet ebenso versicherungsfrei wie eine Bürotätigkeit für die Gemeinschaft oder eine Tätigkeit als Lehrer an einer allgemein bildenden Schule aufgrund eines Individualvertrages zwischen dem Ordensangehörigen und der Schule oder eines sog. Gestellungsvertrages zwischen dem Orden und der Schule.

 

Rz. 20

Die Versicherungsfreiheit ist, auch bei unversorgtem Ausscheiden, für alle in der Zeit der Zugehörigkeit zur Gemeinschaft eingetretenen Versicherungsfälle endgültig. Eine dem bis zum 31.12.1996 geltenden Recht, § 541 Abs. 2 RVO, entsprechende Vorschrift über das Wiedereintreten der Unfallversicherung nach dem unversorgten Ausscheiden von Ordensangehörigen ist mangels praktischer Bedeutung entfallen (BT-Drs. 13/2204 S. 76 zu § 4).

2.3.3 Versorgungsanwartschaft nach den Regeln der Gemeinschaft

 

Rz. 21

Grundvoraussetzung der Versicherungsfreiheit ist die lebenslange Versorgung bei Arbeitsunfall oder Berufskrankheit. Der Umfang der Versorgung wird nach der Rechtsprechung des BSG durch die Üblichkeit in der Gemeinschaft bestimmt. Sie muss den Leistungen der Unfallversicherung nicht entsprechen (vgl. Bereiter/Hahn, § 4 Rz. 9), mindestens aber eine ausreichende Versorgung entsprechend dem Niveau der Sozialhilfe sicherstellen (vgl. BSG, Urteil v. 11.6.1990, 2 RU 51/89, SozR 3-2200 § 541 Nr. 1 = BSGE 67 S. 73), wozu Geldleistungen nicht erforderlich sind, sondern Sachleistungen wie z. B. freie Unterkunft, Pflege, Kleidung und Essen genügen ("Bettelorden": vgl. Ziegler, in: LPK-SGB VII, § 4 Rz. 12).

2.3.4 Gewährleistung der Versorgung

 

Rz. 22

Die Erfüllung der lebenslangen Versorgung muss gewährleistet sein (allg. Ansicht; Schwerdtfeger, in: Lauterbach, SGB VII, § 4 Rz. 26 f.; Schmitt, SGB VII, § 4 Rz. 16; Ricke, in: KassKomm, SGB VII, § 4 Rz. 8). Wie in der Rentenversicherung (vgl. § ...

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