Rz. 22

Durch das Gesetz zur Verbesserung des unfallversicherungsrechtlichen Schutzes bürgerschaftlich Engagierter und weiterer Personen ist seit dem 1.1.2005 eine neue Beitrittsberechtigung für ehrenamtlich Tätige in Arbeitnehmer- und Arbeitgeberorganisationen eingefügt worden. Zunächst war eine gesetzliche Pflichtversicherung angedacht (BT-Drs. 15/3439 S. 3 und Begründung S. 5 und 6). Aufgrund des privatrechtlichen Charakters der Organisationen und der Verfolgung eigenständiger wirtschaftlicher Interessen wurde davon abgesehen und die Versicherungsberechtigung in der Ausschussberatung in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht (BT-Drs. 15/4051 S. 6 und Begründung S. 12 und 13).

Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 15/4051 S. 13) erhalten durch die Neuregelung auch Personen, die sich in Arbeitnehmerorganisationen oder Gewerkschaften in Gremien oder Kommissionen ehrenamtlich engagieren, den Zugang zum umfassenden gesetzlichen Unfallversicherungsschutz. Im Unterschied zu ehrenamtlich Tätigen in Handwerkskammern und Industrie- und Handelskammern, die als Mitglieder in öffentlich-rechtlichen Körperschaften bereits nach bisheriger Rechtslage als Pflichtversicherte Unfallversicherungsschutz genießen, wird dabei die Möglichkeit zur freiwilligen Versicherung eröffnet. Dies erscheint angemessen, da Arbeitgeber- und Wirtschaftsverbände wie auch Gewerkschaften einerseits Träger der verfassungsrechtlich gewährleisteten Koalitionsfreiheit sind, es sich andererseits aber um Organisationen mit privatrechtlichem Charakter handelt. Eine Gleichstellung mit dem in Nr. 3 genannten Personenkreis erscheint in gleicher Weise geboten wie genügend.

 

Rz. 23

Arbeitgeberorganisationen, Gewerkschaften, sonstige Arbeitnehmervereinigungen sind zu verstehen wie in § 73 Abs. 6 Satz 3 SGG. Die Begriffe Gremien und Kommissionen sind im Gesetz nicht festgelegte Begriffe. Welche Gremien und Kommissionen die Versicherungsberechtigung eröffnen, ist unabhängig von der Bezeichnung den Organisationsstrukturen dieser Institutionen zu entnehmen. Da der Gesetzeszweck darauf gerichtet ist, Versicherungslücken ehrenamtlich Engagierter zu schließen, sind auch ad hoc gebildete Organisationsstrukturen von der Versicherungsberechtigung in der freiwilligen Versicherung umfasst.

 

Rz. 24

Wer an Ausbildungsveranstaltungen für die Tätigkeit in einer Arbeitgeberorganisation oder Gewerkschaft oder sonstigen Arbeitnehmervereinigung teilnimmt, hat ebenfalls die Möglichkeit der freiwilligen Versicherung.

 

Rz. 25

 
Praxis-Beispiel

Verunglückt ein Steuerberater und Wirtschaftsprüfer in seiner Eigenschaft als gewählter Vorstandsvorsitzender des Bundes der vereidigten Buchprüfer BvB e. V., nachdem er an einer Besprechung mit Vertretern der Wirtschaftsprüferkammer (WPK) sowie des Instituts der Wirtschaftsprüfer e. V. (IDW) teilnahm, auf dem Heimweg von D nach R auf dem Flughafengelände in S und verletzt sich dabei, steht er unter dem Schutz der freiwilligen Versicherung nach § 6 Abs. 1 Nr. 1. Auf § 6 Abs. 1 Nr. 4 kommt es ausdrücklich nicht an.

Der Gesetzgeber will die für die angeführten Organisationen ehrenamtlich tätigen Personen umfassend und unabhängig von einer sachlichen Verbindung ihrer dortigen konkreten Tätigkeit zu einer bereits aufgrund anderer grundsätzlich versicherter Tätigkeiten – etwa einer freiwilligen Versicherung als Unternehmer – auf freiwilliger Basis in die Unfallversicherung einbeziehen. Es soll nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 nicht einmal erforderlich sein, dass die jeweilige ehrenamtliche Tätigkeit irgendeinen Bezug zum beruflichen Umfeld der betreffenden Person hat (BSG, Urteil v. 18.3.2008, B 2 U 2/07 R, NZS 2009 S. 230; a. A. Vorinstanz: LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 20.12.2006, L 2 U 4573/04, UV-Recht Aktuell 2007 S. 213).

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