Das Wichtigste in Kürze:

1. Bei sog. Kennzeichenanzeigen können sich für die Verteidigung des Betroffenen Besonderheiten ergeben.
2. Allgemein muss sich der Verteidiger bei der Verteidigung gegen eine Kennzeichenanzeige auf Befragungen im Umfeld seines Mandanten einstellen. Eine Einlassung sollte er erst nach Akteneinsicht abgeben.
3. Bei den Kennzeichenanzeigen stellt sich häufig auch die Frage der Täteridentifizierung anhand eines Lichtbildes und der Wahllichtbildvorlage.
4. Bei Kennzeichenanzeigen muss der Verteidiger, wenn der Mandant den Verstoß in der HV nicht eingeräumt hat, im Fall der Verurteilung des Mandanten, sein besonderes Augenmerk auf die tatrichterliche Beweiswürdigung richten.
 

Rdn 2636

 

Literaturhinweise:

Artkämper, Gegenüberstellung – Erkenntnisquelle mit Kautelen, Krim. 1995, 645

ders., Sofortfahndung und Wiedererkennen, Krim. 1997, 505

ders., Fehlerquellen bei Gegenüberstellungen und anderen (Wahl-)Identifizierungsmaßnahmen, StRR 2007, 210

Bellmann, Täteridentifikation anhand eine Lichtbildes – Teil 1: Wiedererkennen und Identifizieren, StRR 2011, 419

dies., Täteridentifikation anhand eine Lichtbildes – Teil 2: Bildmaterial, StRR 2011, 463

dies., Täteridentifikation anhand eine Lichtbildes – Teil 3: Gutachten, StRR 2012, 18

Burhoff, Wiedererkennen des Täters anhand eines Lichtbildes, VA 2002, 90

Diezel, Richtig oder Falsch – die Wahllichtbildvorlage, StRR 2008, 376

Fromm, Ermittlung des Fahrers nach Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr mit Firmenfahrzeugen. Wie weit darf die Polizei bei der Identitätsfeststellung gehen?, StraFo 2012, 484

ders., Fahrerermittlung nach Verkehrsstraftaten, zfs 2016, 250

Huckenbeck/Gabriel, Fahreridentifizierung anhand von Messfotos, NZV 2012, 201

Huckenbeck/Krumm, Täteridentifizierung durch Lichtbilder in der verkehrsrechtlichen Praxis, NZV 2017, 453

Huppert, Halter ist nicht gleich Fahrer, VD 1997, 113

Goldkamp, Wahllichtbildvorlage und Wahlgegenüberstellung im Verkehrsrecht, NZV 2019, 217

Meurer, Täteridentifizierung und Bezugnahme auf Videos und Lichtbilder in der Urteilsbegründung, NZV 2012, 267

Niemitz, Identifikation von Personen anhand von Lichtbilder – ein Beitrag zur Methodendiskussion im Lichte der aktuellen Rechtsprechung, DAR 2011, 768

Schott, Identitätsgutachten im Rahmen von Verkehrsdelikten, NZV 2011, 169

Soiné, Selbstbelastungsfreiheit und Beweisverwertung bei Verkehrsstraftaten und -ordnungswidrigkeiten, NZV 2016, 411

Staub, Prozessuale Voraussetzungen zur Identifizierung des Betroffenen/der Betroffenen anhand eines Fotos“ und den damit verbundenen Folgen für das Rechtsbeschwerdeverfahren, DAR 2016, 293

s. auch die Hinw. bei → Anhörung/Anhörungsbogen, Rdn 310

→ Halterhaftung (§ 25a StVG), Rdn 2347

→ Identifizierung anhand eines Lichtbildes, Allgemeines, Rdn 2553

→ Identifizierung anhand eines Lichtbildes, Anforderungen an das tatgerichtliche Urteil, Rdn 2572

s. auch die Hinw. bei Burhoff, EV, Rn 2438, und bei Burhoff, HV, Rn 1957.

 

Rdn 2637

1. Bei sog. Kennzeichenanzeigen können sich für die Verteidigung des Betroffenen Besonderheiten ergeben. Diese können zunächst aus der Täteridentifizierung und den dazu ggf. durchgeführten Maßnahmen der Verwaltungsbehörde folgen (vgl. Rdn 2641). Der Verteidiger muss zudem, wenn der Mandant aufgrund einer Kennzeichenanzeige verurteilt worden ist, sehr genau die tatrichterliche Beweiswürdigung im Urteil prüfen (dazu Rdn 2647). Schließlich kann sich die Frage der sog. Halterhaftung und/oder eines Fahrtenbuchs stellen (→ Fahrtenbuch, Rdn 1312 ff.; → Halterhaftung [§ 25a StVG], Rdn 2347).

 

☆ Als Kennzeichenanzeigen werden die Anzeigen bezeichnet, bei denen zunächst nur das Fahrzeug mit dem dazugehörigen polizeilichen Kennzeichen festgestellt worden ist. Der Fahrer ist (noch) unbekannt. Anhand des polizeilichen Kennzeichens wird dann der Fahrzeughalter ermittelt und diesem ein Anhörungsbogen übersandt ( Beck/Berr/Schäpe , Rn 24; → Anhörung/Anhörungsbogen , Rdn 310 ).Kennzeichenanzeigen werden die Anzeigen bezeichnet, bei denen zunächst nur das Fahrzeug mit dem dazugehörigen polizeilichen Kennzeichen festgestellt worden ist. Der Fahrer ist (noch) unbekannt. Anhand des polizeilichen Kennzeichens wird dann der Fahrzeughalter ermittelt und diesem ein Anhörungsbogen übersandt (Beck/Berr/Schäpe, Rn 24; → Anhörung/Anhörungsbogen, Rdn 310).

 

Rdn 2638

 

2. Hinweise für den Verteidiger!

Auf folgende allgemeine Punkte ist hinzuweisen:

 

Rdn 2639

a) Allgemein muss sich der Verteidiger bei der Verteidigung gegen eine Kennzeichenanzeige auf Befragungen und Ermittlungen im Umfeld seines Mandanten einstellen. Daher muss der Verteidiger den Mandanten im ersten Gespräch (→ Übernahme des Mandats, Allgemeines, Rdn 3673) auf die Praxis der Verwaltungsbehörden/Polizei vorbereiten, wonach nicht selten versucht wird, den Fahrer eines Pkw durch die Befragung von Familienangehörigen, Nachbarn und Arbeitskollegen zu ermitteln, indem diesen das von dem Verkehrsverstoß gefertigte Lichtbild vorgelegt wird. Der Mandant muss dann darüber belehrt werden, dass seine Familie...

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