Rdn 3033
Literaturhinweise:
Ferber, Das Opferrechtsreformgesetz, NJW 2004, 2562
Neuhaus, Das Opferrechtsreformgesetz 2004, StV 2004, 620
Rudolphi, Die Revisibilität von Verfahrensmängeln im Strafprozeß, MDR 1970, 93.
Rdn 3034
1. § 81d ist durch das OpferRRG 2004 geändert worden. Während § 81d früher nur für körperliche Untersuchungen einer Frau galt, ist die Vorschrift nun geschlechtsneutral gefasst. Sie gilt für alle Untersuchungen, die das Schamgefühl der zu untersuchenden Person verletzen können. Diese Untersuchung ist (auf Verlangen des Untersuchten) nach § 81d Abs. 1 zwingend einer Person gleichen Geschlechts oder einem Arzt/einer Ärztin zu übertragen (Meyer-Goßner/Schmitt, § 81d Rn 4).
☆ Nach § 81 Abs. 1 S. 4 muss die zu untersuchende Person auf die Möglichkeit der Untersuchung durch einen Arzt bzw. eine Person gleichen Geschlechts nach Abs. 1 S. 2, 3 hingewiesen werden.hingewiesen werden.
Rdn 3035
Im Einzelnen ist zu beachten:
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§ 81d gilt für körperliche Untersuchungen jeder Art, also auch für (körperliche) Durchsuchungen nach §§ 102, 103 (→ Durchsuchung, Rechtmäßigkeits-Checkliste, Teil D Rdn 2009). Das ist nach § 81d Abs. 2 unabhängig davon, ob es sich um eine freiwillige oder unfreiwillige Untersuchung handelt. Gleichgültig ist auch, ob es sich bei der untersuchten Person um die/den Beschuldigte(n) oder eine(n) Zeugin/en handelt. |
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§ 81d gilt sowohl für körperliche Untersuchungen eines Mannes als auch für die einer Frau (Meyer-Goßner/Schmitt, § 81d Rn 1). |
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Die Untersuchung muss das Schamgefühl verletzen, darüber hinaus sind auch die allgemeinen Regeln der Schicklichkeit und des Anstands von Bedeutung (Meyer-Goßner/Schmitt, § 81d Rn 2). |
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Eine Altersgrenze besteht für die zu untersuchende Person nicht (Meyer-Goßner/Schmitt, § 81d Rn 2 m.w.N.). Für Kleinkinder bis zum Alter von sechs Jahren soll sie keine Anwendung finden (Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O.). |
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Auf Verlangen der zu untersuchenden Person müssen zur Untersuchung ein Arzt/eine Ärztin – auch wenn medizinische Kenntnisse nicht erforderlich sind – oder eine Person gleichen Geschlechts als Person des Vertrauens zugelassen werden. Die Hinzuziehung darf aus triftigen Gründen abgelehnt werden, etwa wenn zu befürchten ist, dass die hinzugezogene Person die Untersuchung stören wird oder wenn sich die Untersuchung dadurch verzögert (Meyer-Goßner/Schmitt, § 81d Rn 5; Neuhaus StV 2004, 621; m.E. Frage des Einzelfalls). |
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Wird ein Arzt zur Schonung des Schamgefühls auf Verlangen der zu untersuchenden Person tätig, ist dieser lediglich Zeuge und nicht SV, wenn zur Untersuchung keine medizinischen Kenntnisse erforderlich sind. Erfordert die körperliche Untersuchung medizinische Kenntnisse, muss der Arzt als SV hinzugezogen und als solcher später in der HV auch gehört werden. |
Rdn 3036
2. Wird bei der Untersuchung nicht entsprechend § 81d verfahren, bleiben die bei der Untersuchung gewonnenen Ergebnisse nach h.M. dennoch verwertbar (Meyer-Goßner/Schmitt, § 81d Rn 6; Rudolphi MDR 1970, 97 [für den Beschuldigten]). Handelt es sich bei der untersuchten Person um einen Zeugen, ist nur dessen Rechtskreis betroffen, § 81d dient nur seinem Schutz (Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O.). Z.T. (Eisenberg, Rn 1679d; Neuhaus StV 2004, 621) wird allerdings davon ausgegangen, dass dann, wenn sich der Anordnende oder der Untersuchende bewusst über die Regelungen des § 81d hinweggesetzt hat, ein BVV besteht. Dann wird man auch die Revisibilität eines Verstoßes gegen § 81d bejahen müssen (Neuhaus, a.a.O.). I.d.R. wird jedoch eine solche Rüge an der Beruhensfrage scheitern (§ 337).
☆ Im Hinblick auf die Widerspruchslösung des BGH (BGHSt 38, 214) sollte der Verteidiger in der HV der Verwertung eines unter Verstoß gegen § 81d erlangten Untersuchungsergebnisse widersprechen , wenn er die Unverwertbarkeit des Untersuchungsergebnisses geltend machen will (zur Widerspruchslösung Burhoff , HV, Rn 4141 ff.).widersprechen, wenn er die Unverwertbarkeit des Untersuchungsergebnisses geltend machen will (zur "Widerspruchslösung" Burhoff, HV, Rn 4141 ff.).
Siehe auch: → Körperliche Untersuchungen, Allgemeines, Teil K Rdn 2998, m.w.N.