Das Wichtigste in Kürze:
1. |
Das Klageerzwingungsverfahren ist in den §§ 172 ff. 3-stufig aufgebaut. |
2. |
Das OLG kann im Verfahren auch weitere Ermittlungen anordnen. |
3. |
Das OLG entscheidet durch zu begründenden Beschluss. |
4. |
Wurde die Erhebung der öffentlichen Klage vom OLG angeordnet, ist die StA an die tatsächliche und rechtliche Würdigung, wie sie vom OLG vorgenommen wurde, gebunden. |
5. |
Für das Klageerzwingungsverfahren kann PKH beantragt werden. |
Rdn 2910
Literaturhinweise:
s. die Hinw. bei → Klageerzwingungsverfahren, Allgemeines, Teil K Rdn 2857.
Rdn 2911
1. Das Klageerzwingungsverfahren ist in den §§ 172 ff. 3-stufig aufgebaut. Nur der Antragsteller, der zugleich Verletzter (→ Klageerzwingungsverfahren, Begriff des Verletzten, Teil K Rdn 2865) ist und der schon den (Straf-)Antrag i.S.d. § 171 i.V.m. § 158 gestellt hat, kann das Verfahren betreiben. Dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 172 Abs. 3 muss eine fristgebundene Beschwerde an den "vorgesetzten Beamten der Staatsanwaltschaft" (GStA) vorausgehen (§ 172 Abs. 1). Sie ist eine sog. Vorschaltbeschwerde auf dem Weg zum Gericht. Diese ist auch bei anzunehmender Untätigkeit der Staatsanwaltschaft erforderlich (BVerfG, Beschl. v. 22.5.2017 – 2 BvR 1453/16, NJW 2017, 3141; BayVGH, Beschl. v. 22.10.2018 – Vf. 74-VI-17, BayVBl 2019, 465).
☆ Der Anzeigende kann ungeachtet eines Unterbleibens der Mitteilung nach § 171 S. 1 die Einstellungsbeschwerde an die GStA erheben und im Anschluss ggf. das Klageerzwingungsverfahren durchführen (BVerfG, Beschl. v. 22.5.2017 – 2 BvR 1454/16, BGH, Beschl. v. 21.2.2014 – 5 AR (VS) 29/13). Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass die erforderliche Entscheidung über das Strafverfolgungsverlangen auch stillschweigend – durch Einstellung oder Nichtbetreiben eines EV – ohne förmliche Bescheidung erfolgen kann.Unterbleibens der Mitteilung nach § 171 S. 1 die Einstellungsbeschwerde an die GStA erheben und im Anschluss ggf. das Klageerzwingungsverfahren durchführen (BVerfG, Beschl. v. 22.5.2017 – 2 BvR 1454/16, BGH, Beschl. v. 21.2.2014 – 5 AR (VS) 29/13). Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass die erforderliche Entscheidung über das Strafverfolgungsverlangen auch stillschweigend – durch Einstellung oder Nichtbetreiben eines EV – ohne förmliche Bescheidung erfolgen kann.
Rdn 2912
Das Klageerzwingungsverfahren findet vor dem OLG statt (→ Klageerzwingungsverfahren, Allgemeines, Teil K Rdn 2856 ff., und das Schaubild bei Burhoff/Burhoff, RM, Teil B Rn 520).
Rdn 2913
2. Zum Verfahren folgender Überblick:
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Das Verfahren wird durch einen Antrag des Verletzten, der zugleich Antragsteller ist, eingeleitet (zu den Antragsanforderungen → Klageerzwingungsverfahren, Zulässigkeit des Antrags auf gerichtliche Entscheidung, Teil K Rdn 2926 ff.; Burhoff/Burhoff, RM, Teil B Rn 521 ff.). |
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Zu dem Klageerzwingungsantrag wird die GStA gehört. Setzt das OLG dann dem Antragsteller zur Gegenäußerung auf die Stellungnahme der GStA eine Frist, muss es deren Ablauf abwarten, bevor es über den Antrag entscheidet (BVerfG, Beschl. v. 29.5.2019 – 2 BvR 217/19, NStZ-RR 2019, 256 [Ls.]). Die Anhörung des Beschuldigten steht im Ermessen des OLG. Sie unterbleibt i.d.R., wenn der Antrag unzulässig ist. Soll dem Antrag stattgegeben werden, findet eine Anhörung des Beschuldigten statt (§ 175 S. 1; Art. 103 GG). |
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Das OLG kann weitere Ermittlungen anordnen (§ 173 Abs. 3). Diese werden von einem Mitglied des Senats oder von einem ersuchten Richter durchgeführt. In der Praxis wird häufig auch die GStA um Durchführung der Ermittlungen gebeten. Diese ist jedoch, wie sich aus dem eindeutigen Wortlaut des § 173 Abs. 3 ergibt, zu deren Durchführung nicht verpflichtet. |
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Das OLG kann aber auch, wenn die StA aus tatsächlichen Gründen, die vom OLG aber für unzutreffend gehalten werden, den Anfangsverdacht einer Straftat verneint und deshalb keine Ermittlungen durchgeführt und das EV nach § 170 Abs. 2 eingestellt hat, die StA zur Durchführung der erforderlichen Ermittlungen anweisen (KG NStZ-RR 2014, 14; OLG Brandenburg, Beschl. v. 18.10.2018 – 1 Ws 109/18; OLG Bremen, Beschl. v. 21.9.2017 – 1 Ws 55/17 m.w.N. [Einstellung aus Rechtsgründen]; OLG Celle Nds.Rpfl. 2017, 151; OLG Hamm StV 2002, 128; OLG München [2. Strafsenat] NJW 2007, 3734; OLG Nürnberg, Beschl. v. 28.6.2016 – 1 Ws 231/16; OLG Stuttgart, Beschl. v. 6.7.2015 – 6 Ws 2/15 [unzutreffende Annahme eines Verfahrenshindernisses]; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 12.1.2021 – 1 Ws 76/20, NStZ-RR 2021, 80; Meyer-Goßner/Schmitt, § 175 Rn 2; a.A. OLG München [3 Strafsenat] StraFo 2014, 422). Das gilt jedenfalls dann, wenn sich in dem bislang ausschließlich wegen eines bestimmten Straftatbestandes, wie z.B. Betrug, geführten EV zureichende Anhaltspunkte für den Anfangsverdacht eines anderen Straftatbestandes, wie z.B. Vereiteln der Zwangsvollstreckung, bieten (OLG Celle, a.a.O.). Einem Antrag auf Ermittlungserzwingung ist i.Üb. nach h.M. (bereits) stattzugeben, wenn die StA den Sachverhalt gar nicht oder jedenfalls in zentralen Pun... |