Das Wichtigste in Kürze:

1. § 81c regelt die Zulässigkeit körperlicher Untersuchungen von anderen Personen als dem Beschuldigten.
2. § 81c unterscheidet in Abs. 1 den sog. Spurengrundsatz vom sog. Aufklärungsgrundsatz in Abs. 2. Es handelt sich um eine abschließende Regelung.
3. Die Personen, die verfahrensrechtlich die Stellung eines Zeugen haben, müssen die körperliche Untersuchung nach § 81c dulden.
4. Für den Verteidiger/den Beschuldigten sind vor allem die mit einer Untersuchungsverweigerung gem. § 81c Abs. 3 verbundenen Fragen von Bedeutung.
5. Erhebliche praktische Bedeutung hat für den Verteidiger insbesondere die Frage, ob sich bei einem Verstoß gegen § 81c Abs. 1, 2 BVV ergeben, die mit der Revision geltend gemacht werden können.
 

Rdn 2932

 

Literaturhinweise:

Cirullies/Cirullies, Bestellung eines Ergänzungspflegers für Kinder im Strafverfahren gegen die beschuldigten Eltern – Neue Vorgaben des BGH, FamRB 2021, 76

Eisenberg, Keine Glaubhaftigkeitsuntersuchung zeugnisverweigernder, als nicht verstandesreif beurteilter Kinder gegen deren Willen, NStZ 2016, 11

Esch, Massendatenanalyse in der Praxis. Die Arbeitsweise der verfahrensbegleitenden Analyse im Hessischen LKA am Beispiel eines Tötungsdeliktes, Krim 2009, 680

Graalmann-Scheerer, Molekulargenetische Untersuchung und Revision, in: Festschrift für Peter Rieß zum 70. Geburtstag, 2002, S. 153

Hilgert, Aussagepsychologische Gutachten im Strafprozess, NJW 2016, 985

Jansen, Erweiterte DNA-Analyse in der Strafverfolgung, ZIS 2020, 233

Kühl, Freie Beweiswürdigung des Schweigens des Angeklagten und der Untersuchungsverweigerung eines angehörigen Zeugen – BGHSt 32, 140, JuS 1986, 115

Krause, Alte Fragen zum neuen § 81c StPO, JZ 1976, 124

Mayer, Die Entnahme einer Blutprobe nach §§ 81a, 81c zum Zweck der Feststellung einer AIDS-Infizierung, JR 1990, 358

Zipper, Das Phänomen des minderjährigen Zeugen, die Regelung des § 52 Abs. 2 StPO aus Sicht des Verteidigers und des Nebenklägers, StRR 2012, 293

s.a. die Hinw. bei → Körperliche Untersuchung des Beschuldigten, Teil K Rdn 2897.

 

Rdn 2933

1. § 81c regelt die Zulässigkeit körperlicher Untersuchungen von anderen Personen als dem Beschuldigten. Für den Beschuldigten gelten die §§ 81a, 81b (→ Erkennungsdienstliche Behandlung des Beschuldigten, Teil E Rdn 2287; → Körperliche Untersuchungen des Beschuldigten, Teil K Rdn 2896). § 81c bezweckt ausschließlich den Schutz der anderen Personen, nicht den des Beschuldigten (Pfeiffer, § 81c Rn 9). Der Verteidiger des Beschuldigten hat somit grds. keine Einwirkungsmöglichkeiten, also z.B. keine Rechtsmittel gegen die Anordnung der Untersuchung. Ihm bleibt letztlich nur, obwohl die körperliche Untersuchung wegen der dabei gewonnenen Erkenntnisse von erheblicher Bedeutung für das gegen seinen Mandanten laufende EV sein kann, die Prüfung der Frage, ob die ggf. unter Verstoß gegen § 81c gewonnenen Ergebnisse der körperlichen Untersuchung der anderen Person im Verfahren gegen seinen Mandanten verwertbar sind (dazu Teil K Rdn 2949 ff.). Wegen der geringen Einwirkungsmöglichkeiten soll sich die Darstellung an dieser Stelle auf das Wesentliche beschränken (dazu Teil K Rdn 2934 ff.). Wegen der weiteren Einzelh. verweise ich auf die Komm. bei Meyer-Goßner/Schmitt, § 81c Rn 1 ff. und bei KK-Hadamitzky, § 81c Rn 1 ff. jeweils m.w.N.

 

Rdn 2934

2. § 81c unterscheidet in Abs. 1 den sog. Spurengrundsatz (s. Teil K Rdn 2935 f.) vom sog. Aufklärungsgrundsatz in Abs. 2 (dazu Teil K Rdn 2937 f.). Es handelt sich um eine abschließende Regelung (LG Frankfurt am Main StraFo 2009, 18). Im Einzelnen gilt:

 

Rdn 2935

a) Der Spurengrundsatz des Abs. 1 lässt körperliche Untersuchungen ohne Einwilligung (s. Teil K Rdn 2934) grds. nur zu, um Spuren und Tatfolgen zu suchen (LG Koblenz StraFo 2013, 335). Spuren sind die durch die Tat verursachten Veränderungen am Körper des Opfers, wie z.B. Sperma. Tatfolgen sind alle mittelbar oder unmittelbar durch die Tat eingetretenen Veränderungen am Körper des Opfers, wie z.B. Hautabschürfungen. Das bedeutet, dass nach Körpermerkmalen, die nicht Folge einer Straftat sind, nicht gesucht werden darf (LG Koblenz, a.a.O. für Schnittverletzungen, die nicht durch die Tat verursacht worden sind; wegen der Einzelh. Meyer-Goßner/Schmitt, § 81c Rn 11 ff., m.w.N.).

 

Rdn 2936

Erlaubt ist nach § 81c Abs. 1 nur eine körperliche Untersuchung. Die Zulässigkeit der Durchsuchung von Kleidungsstücken richtet sich nach § 103 (→ Durchsuchung, Rechtmäßigkeits-Checkliste, Teil D Rdn 1970). Körperliche Eingriffe (zum Begriff → Körperliche Untersuchungen des Beschuldigten, Teil K Rdn 2906) sind nicht erlaubt. Es dürfen aber die natürlichen Körperöffnungen nach Gegenständen durchsucht werden. Zulässig ist auch die Entnahme einer Blutprobe (BVerfG NJW 1956, 986; LR-Krause, § 81c Rn 25).

 

Rdn 2937

b) Der Aufklärungsgrundsatz lässt nach § 81c Abs. 2 Abstammungsuntersuchungen und Blutprobenentnahme ohne Einwilligung zu, wenn (wegen der Einzelh. Meyer-Goßner/Schmitt, § 81c Rn 18 ff. m.w.N.),

durch sie keine Nachtei...

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