Alexander C. Blankenstein
Zusammenfassung
Der Medienversorgung mittels Kabelfernsehen kommt angesichts der Vielfalt alternativer Medienangebote eine immer geringere Bedeutung zu. Infolge Novellierung des Telekommunikationsrechts können die Kabelgebühren längstens bis 1.7.2024 über die Betriebskostenabrechnung den Mietern vermietender Wohnungseigentümer aufgebürdet werden. Es ist also vermehrt mit Beschlussinitiativen einzelner Wohnungseigentümer, gerichtet auf eine Kündigung des Kabelvertrags, zu rechnen. Eine solche ist ab dem 1.7.2024 ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist möglich. Die Wohnungseigentümer können sich selbstverständlich weiterhin für einen Fernsehempfang mittels Kabel entscheiden. Nicht mehr über Kabel empfangswillige Wohnungseigentümer sind dann weiterhin zur anteiligen Kostentragung verpflichtet.
§ 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 WEG verleiht den Wohnungseigentümern einen Anspruch auf Gestattung von baulichen Veränderungen, die dem Anschluss an ein Telekommunikationsnetz mit sehr hoher Kapazität dienen, also dem Anschluss an das Glasfaserkabel.
AG Recklinghausen, Urteil v. 5.4.2016, 90 C 74/15: Ein Begehren auf Abtrennen einer Kabelempfangsanlage vom Allgemeinstrom kann auch dann treuwidrig sein, wenn lediglich eine Wohnung durch die Kabelempfangsanlage versorgt wird.
Kostenverteilung
Die Verteilung der Kosten des Kabelfernsehens erfolgt zunächst gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1 WEG nach dem geltenden Kostenverteilungsschlüssel. Die Wohnungseigentümer können auf Grundlage von § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG jedoch einen hiervon abweichenden Kostenverteilungsschlüssel insbesondere nach vorhandenen Anschlüssen beschließen.
Information über Kündigungsmöglichkeit
Infolge der Novellierung des Telekommunikationsrechts sieht § 230 Abs. 5 TKG wegen der Beschränkung der Umlagefähigkeit nach § 2 Satz 1 Nr. 15a und b der Betriebskostenverordnung ein Sonderkündigungsrecht von Kabelverträgen ab dem 1.7.2024 vor. Verwalter sollten die Wohnungseigentümer entsprechend informieren und ggf. Beschlüsse über die weitere Vorgehensweise herbeiführen.
Keine Stilllegung (noch) genutzter Kabelempfangsanlagen
Beschließen die Wohnungseigentümer mehrheitlich die Kündigung des Kabelversorgungsvertrags, verstößt ein weiterer Beschluss über das Abtrennen der Kabelempfangsanlage vom Allgemeinstrom aus Gründen der Treuwidrigkeit gegen die Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn ein Wohnungseigentümer weiterhin Fernsehen per Kabel empfangen will.
1 Kostenverteilung der Empfangsgebühren
1.1 Kostenverteilung nach geltendem Verteilungsschlüssel
Bei der Kostenverteilung der Kabelgebühren sind zunächst die Regelungen in der Gemeinschaftsordnung oder einer anderen Vereinbarung der Wohnungseigentümer maßgeblich. Ist also in der Gemeinschaft vereinbart, wie die Kostenverteilung der Kabelgebühren erfolgen soll, ist der jeweils vereinbarte Kostenverteilungsschlüssel anzuwenden.
In den meisten Fällen jedoch wird in der Eigentümergemeinschaft keine Vereinbarung über die Verteilung der Kabelkosten existieren. Dann erfolgt die Kostenverteilung nach der gesetzlichen Grundregelung in § 16 Abs. 2 Satz 1 WEG nach Miteigentumsanteilen.
1.2 Beschlusskompetenz der Eigentümergemeinschaft
Die Wohnungseigentümer haben gemäß § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG die Kompetenz zur einfach-mehrheitlichen Beschlussfassung über eine abweichende Verteilung der Kosten dauerhaft auch entgegen der gesetzlichen Bestimmung des § 16 Abs. 2 Satz 1 WEG oder eines hiervon abweichenden vereinbarten Kostenverteilungsschlüssels. Demnach können die Wohnungseigentümer die Kabelempfangsgebühren auch nach einem anderen als dem gesetzlichen oder vereinbarten Kostenverteilungsschlüssel umlegen.
Ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht insoweit selbstverständlich ein Beschluss über eine Kostenverteilung nach Anschlüssen.
2 Anspruch auf Kabelanschluss
Seit Inkrafttreten des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes (WEMoG) am 1.12.2020 existiert keine der außer Kraft getretenen Bestimmung des § 21 Abs. 5 Nr. 6 WEG a. F. vergleichbare Norm mehr im Wohnungseigentumsgesetz, da die Herstellung einer Rundfunkempfangsanlage nach Ansicht des Reformgesetzgebers an praktischer Relevanz verloren hat. Gleichwohl bestehe im Einzelfall weiterhin ein Anspruch eines Wohnungseigentümers aus § 18 Abs. 2 WEG.
Nach vorerwähnter Norm kann jeder Wohnungseigentümer von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer eine Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums sowie eine Benutzung des gemeinschaftlichen Eigentums und des Sondereigentums verlangen, die dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entspricht. Diese Voraussetzung wird aber dann nicht erfüllt sein, wenn mit dem Kabelanschluss – wie in aller Regel – eine bauliche Veränderung des Gemeinschaftseigentums verbunden ist. In aller Regel sind jedenfalls für die Leitungsführung substanzielle Eingriffe in das Gemeinschaftseigentum erforderlich.
Andererseits verleiht die Bestimmung des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 WEG einen Anspruch auf Gestattung baulicher Veränderungen, die dem Anschluss an ein Telekommunik...