Rz. 75
Die Direktoren sind als Organ gemeinschaftlich zur vollumfänglichen Vertretung der Gesellschaft berechtigt. Mängel im Zusammenhang mit ihrer Wahl oder ihrer Bestellung stehen ebenso wie etwaige persönliche Ausschließungsgründe der Wirksamkeit ihrer Vertretung im Außenverhältnis nicht entgegen (Sect. 116 CBCA).
Rz. 76
Abweichend hiervon können die Direktoren gemeinsam einem Managing Director (der Resident Canadian sein muss) oder einem Ausschuss von Direktoren jegliche Befugnisse und damit auch die Vertretung der Gesellschaft nach außen hin übertragen. Nicht delegiert werden können Maßnahmen, die typischerweise die Gesellschaft als solche, das Verhältnis zu den Gesellschaftern bzw. die Kapitalverhältnisse betreffen (Sect. 115 [3] CBCA). Die Delegation von Befugnissen ist damit auf das operative Geschäft beschränkt, umfasst aber auch Investitionsmaßnahmen. Ebenfalls nicht delegiert werden dürfen solche Angelegenheiten, für die die Zustimmung der Gesellschafter eingeholt werden muss.
Soweit nicht aufgrund einer entsprechenden Delegation von Befugnissen ein Managing Director oder ein Ausschuss von Direktoren die Gesellschaft vertritt, erfolgt die Vertretung grundsätzlich und vorbehaltlich abweichender Bestimmungen in den Articles of Incorporation oder den By-Laws durch eine Zahl von Direktoren, die im Board ein Quorum bilden können (Sect. 114 [2] CBCA). Dies ist im Regelfall die Mehrheit der Anwesenden, mindestens aber die Mehrheit der lt. Articles of Incorporation mindestens zu bestellenden Direktoren, auch wenn eine Vakanz bestehen und damit die Mindestzahl zum Zeitpunkt der betreffenden Boardsitzung unterschritten sein sollte. Weitere Voraussetzung ist, dass an das von den an der Beschlussfassung beteiligten Direktoren mindestens ein Viertel Resident Canadians waren (bzw. im Falle einer Gesellschaft, die kanadisch kontrolliert sein muss, mehrheitlich kanadische Direktoren an der Beschlussfassung beteiligt waren). Sind diese Mindestanforderungen nicht eingehalten, so ist ein gefasster Beschluss gleichwohl wirksam, wenn er nachträglich von den an der Teilnahme verhinderten kanadischen Direktoren, deren Anwesenheit für die Beschlussfassung erforderlich gewesen wäre, schriftlich, telefonisch oder auf elektronischem Wege genehmigt wird (Sect. 114 [4] CBCA).
Rz. 77
Ein Boardmeeting zur Beschlussfassung kann jederzeit und überall unter Beachtung von Regelungen der By-Laws stattfinden; nur wenn Tagesordnungspunkte abgehandelt werden sollen, die gem. Sect. 115 (3) CBCA nicht an einen Managing Director oder einen Ausschuss des Board delegiert werden dürfen, müssen diese in der Einladung bezeichnet werden (Sect. 114 [5] CBCA). Die Teilnahme an der Sitzung kann auch mit Hilfe elektronischer Kommunikationsmittel erfolgen, soweit die wechselseitige Kommunikation aller Teilnehmer sichergestellt ist (Sect. 114 [9] CBCA). Unabhängig hiervon ist es unter Beachtung der erforderlichen Teilnahmeregelungen für Boardmeetings erforderlich, Beschlüsse auch schriftlich im Umlaufverfahren zu fassen, allerdings ist dann die Einstimmigkeit aller stimmberechtigten Direktoren erforderlich (Sect. 117 [1] CBCA).
Die gesetzlich vorgesehenen Befugnisse der Direktoren zur Führung der Geschäfte können nur aufgrund einer Vereinbarung unter allen Gesellschaftern bzw. zwischen allen Gesellschaftern und einem Dritten (bspw. einem nicht an der Gesellschaft beteiligten Direktor) eingeschränkt werden (Sect. 146 [1] CBCA). Im Außenverhältnis hat eine solche Einschränkung nur Bedeutung, wenn der Vertragspartner sie kannte oder kennen musste.
Rz. 78
Insichgeschäfte sind den Direktoren und Officers (abweichend vom älteren Common Law) nicht grundsätzlich verboten, jedoch wird unter Anlegung eines strengen Maßstabs geprüft, ob der Direktor bzw. Officer den Interessen der Gesellschaft Vorrang gegenüber eigenen Interessen eingeräumt hat. Das Gesetz verlangt, dass Direktoren und Officers alle Geschäftsvorgänge, an denen sie potentiell, direkt oder indirekt, ein Eigeninteresse haben, dem Board gegenüber schriftlich oder zu Protokoll einer Boardsitzung anzeigen müssen (Sect. 120 [1] CBCA). Stimmt der Board der beabsichtigten Maßnahme zu, so ist diese wirksam, wenn die Formalitäten der Offenlegung und der Zustimmung beachtet wurden und der Vertrag bzw. die Transaktion zum Zeitpunkt der Zustimmung aus Perspektive der Gesellschaft "reasonable and fair" war (Sect. 120 [7] CBCA). Statt der Zustimmung des Board of Directors kann der betreffende Direktor bzw. Officer auch die Zustimmung einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung einholen, die einer ⅔-Mehrheit der abgegebenen Stimmen bedarf (Sect. 120 [7.1] CBCA). Holt der Direktor bzw. Officer keine Zustimmung ein, so kann ein Gericht auf Antrag der Gesellschaft oder eines Gesellschafters den dennoch geschlossenen Vertrag für unwirksam erklären und/oder den Direktor zur Leistung von Kompensation an die Gesellschaft in Höhe der Vorteile, die er aus dem Geschäft gezogen hat, verurteilen (Sect. 120 [8] CBCA).
Rz....