Rz. 31
Für eine kanadische Kapitalgesellschaft gibt es weder eine Mindestkapitalisierung noch zwingend einen Höchstbetrag für die Kapitalisierung der Gesellschaft. Grundsätzlich können deshalb die Direktoren der Gesellschaft unter Beachtung der Articles of Association, eventueller By-Laws und eventuell existierender einstimmiger Gesellschafterbeschlüsse Anteile nach ihrem Ermessen und in eigener Verantwortung ausgeben, wobei evtl. lt. Satzung bestehende Vorkaufsrechte von Gesellschaftern zu berücksichtigen sind (Sect. 25 [1], 28 [1] CBCA). Enthält die Satzung gem. Sect. 6 (1) CBCA eine Obergrenze an Anteilen, die die Direktoren ausgeben dürfen, so ist diese Stückzahlgrenze zu beachten. Das Recht einiger Provinzen (z.B. Nova Scotia, British Columbia) sieht – anders als das Bundesrecht und das Recht der Provinz Ontario – die Ausgabe von Nennwertaktien als einzig zulässige Anteilsart vor. In diesen Provinzen ist die Höchstzahl der Anteile, die ausgegeben werden dürfen, in der Satzung festzuschreiben, so dass es aufgrund der Größen "Höchstzahl" und "Nennwert" ein "Authorized Capital" der Gesellschaften in diesen Provinzen gibt, was zu der Notwendigkeit einer Satzungsänderung führt, wenn mehr Anteile als festgelegt ausgegeben werden sollen. Eine Satzungsänderung ist für die Ausgabe von Anteilen in beliebiger Höhe in Ontario und nach Bundesrecht entbehrlich, wenn die Satzung eine Obergrenze der auszugebenden Anteile nicht vorsieht.
Rz. 32
Innerhalb des durch die Articles of Association und By-Laws sowie einstimmigen Gesellschafterbeschlüsse vorgegebenen Rahmens entscheiden die Direktoren der Gesellschaft nach ihrem Ermessen über die Ausgabe weiterer Anteile. Ist eine Obergrenze nicht festgelegt, so kann die Gesellschaft ihr Grundkapital (Stated Capital) praktisch unbegrenzt erhöhen. In ihrer Entscheidung, wann, an wen und für welche Gegenleistung Anteile ausgegeben werden, müssen die Direktoren sich nach den Interessen der Gesellschaft richten. Dies bedeutet nicht zwangsläufig, dass die Ausgabe von Anteilen zu einem möglichst hohen Preis erfolgen muss; das Interesse der Gesellschaft kann beispielsweise auch darauf gerichtet sein, durch Ausgabe von Anteilen einen Experten bzw. eine Schlüsselperson als Gesellschafter zu gewinnen.
Für die Gegenleistung, die der Übernehmer von Anteilen im Rahmen einer Kapitalerhöhung zu erbringen hat, gilt das in Rdn 24 f. zur Kapitalaufbringung Gesagte; die dortigen Ausführungen zur Haftung der Direktoren bei Ausgabe von Anteilen im Rahmen einer Kapitalerhöhung gelten ebenfalls entsprechend.