Leitsatz
Kapitalerhöhungen bei GmbHs (ähnlich bei AGs) haben in folgender Reihenfolge zu erfolgen:
- Fassung des notariell zu beurkundenden Kapitalerhöhungsbeschlusses
- Notariell beglaubigte Übernahme der neuen Geschäftsanteile (kann auch schon im Kapitalerhöhungsbeschluss erfolgen)
- Einzahlung der Einlage (ggf. des Mindestbetrags)
- Handelsregisteranmeldung durch die Geschäftsführer
- Handelsregistereintragung
Wie das OLG Nürnberg in Erinnerung ruft, sind die Folgen der Nichtbeachtung der richtigen Reihenfolge z.T. verheerend. Insbesondere eine zu frühe Einzahlung des Kapitals schon vor Fassung des Kapitalerhöhungsbeschlusses - die in der Praxis leider sehr häufig anzutreffen ist - führt nicht zu der gewünschten Erfüllungswirkung, wenn der Betrag bei Fassung des Kapitalerhöhungsbeschlusses nicht mehr in voller Höhe zur Verfügung steht. Denn da noch gar kein Kapitalerhöhungsbeschluss gefasst ist, kann die Einzahlung nicht hierauf erfolgen, sondern wird als Darlehen o.ä. verstanden. Mit seinem Darlehensrückzahlungsanspruch kann der Gesellschafter aber nicht eine nachfolgend übernommene Kapitaleinlageverpflichtung erfüllen, denn dies hat in bar zu erfolgen. Es liegt mithin eine verdeckte Sacheinlage vor. Die Folge ist, dass der Gesellschafter seine immer noch ausstehende Kapitaleinlageverpflichtung erfüllen, d.h. noch einmal einzahlen muss. Sein Darlehensrückzahlungsanspruch wird in dieser Situation (häufig der Insolvenz der Gesellschaft) wertlos sein.
Der BGH hat in Sanierungsfällen nur in ganz engen Ausnahmen eine Voreinzahlung auf einen nachfolgend gefassten Kapitalerhöhungsbeschluss als mit Erfüllungswirkung erfolgend anerkannt. Die Voraussetzung - die vom OLG Nürnberg vorbildlich dargestellt und durchgeprüft werden - sind streng:
- Das Vorliegen eines akuten Sanierungsfalles mit objektiver Sanierungsmöglichkeit und Sanierungswillen der Übernehmer der neuen Geschäftsanteile.
- Erkennbarkeit der Voreinzahlung durch entsprechende Kennzeichnung der Zahlung sowie Offenlegung der Voreinzahlung im Kapitalerhöhungsbeschluss und der Handelsregisteranmeldung.
- Enger zeitlicher Zusammenhang zwischen Voreinzahlung und Kapitalerhöhungsbeschluss.
Hinweis
Der Teufel steckt bei der Kapitalerhöhung im Detail. Zum Beispiel bedarf bei Abgabe der Übernahmeerklärung in der Notarurkunde, in der auch der Kapitalerhöhungsbeschluss beurkundet wird, für einen nicht anwesenden Vertretenen die Vollmacht der notariellen Beurkundung oder Beglaubigung. Bei der Handelsregisteranmeldung ist zu beachten, dass alle Geschäftsführer (und nicht nur in vertretungsberechtigter Anzahl) diese unterzeichnen. Diese Formalien sollten alle trotz des Zeitdrucks bei Kapitalerhöhungen in Sanierungsfällen sorgfältig geprüft und beachtet werden.
Insbesondere sollte von einer Voreinzahlung Abstand genommen oder aber die strengen Voraussetzungen der BGH-Rechtsprechung erfüllt werden. Ob diese angesichts der geänderten Rechtslage zu verdeckten Sacheinlagen (diese kommen seit dem MoMiG dem Gesellschafter zugute, soweit die Sacheinlage - hier das Darlehen - werthaltig war) sich etwas aufweichen werden, bleibt abzuwarten. Hierauf ankommen lassen sollte man es besser nicht.
Link zur Entscheidung
OLG Nürnberg, Urteil vom 13.10.2010, 12 U 1528/09