Prof. Dr. Albert Lamarca i Marquès
Rz. 93
Die spanische Verfassung bestimmt in Art. 149.1.6, dass das Prozessrecht in der ausschließlichen Gesetzgebungskompetenz des Staates liegt, d.h., dass die Autonomen Regionen diesbezüglich lediglich Kompetenzen haben für "die besonderen Erfordernisse, die sich aus der Verschiedenartigkeit des materiellen Rechts der Autonomen Regionen ergeben". In diesem Sinne nimmt Art. 130 EAC das Bestehen einer Kompetenz dahingehend an, dass es der katalanischen Regierung obliegt, die speziellen prozessualen Vorschriften zu erlassen, die sich aus den Besonderheiten des materiellen katalanischen Rechts ergeben. Gleichwohl besteht kein besonderes eigenständiges Prozessrecht in Katalonien, und jede Besonderheit ist direkte Folge des materiellen Rechts. Mit Inkrafttreten des Gesetzes über die Freiwillige Gerichtsbarkeit (Gesetz 15/2015, vom 2. Juli) wurden aus Gründen der Verfahrensvereinfachung einige Gerichtsverfahren der Zuständigkeit der Notare unterstellt.
Rz. 94
Zur Prozessordnung sei jedoch erwähnt, dass der Oberste Spanische Gerichtshof in erbrechtlichen Streitigkeiten in Katalonien nicht zur Entscheidung über die Revisionen zuständig ist. Das Tribunal Superior de Justícia de Catalunya (TSJC) ist die oberste zuständige Instanz im Bereich des katalanischen Zivilrechts (Art. 95 EAC). Deshalb müssen, um die Rechtsprechung zum katalanischen Zivilrecht zu kennen, die Entscheidungen des TSJC herangezogen werden. Zudem sind die Wartezeiten vor dem TSJC bis zur Entscheidung über Revisionen kurz; meist überschreiten sie, anders als vor dem Obersten Spanischen Gerichtshof, ein Jahr ab der Einreichung nicht.
Rz. 95
Die Zuständigkeit des TSJC für Revisionen ergibt sich aus der Einwendung, es sei gegen katalanisches Zivilrecht verstoßen oder es sei von den Gerichten in Katalonien fälschlicherweise angewandt worden. Jedoch hat diese materielle Zuständigkeit auch einen territorialen Aspekt: Der TSJC ist nur auf dem Gebiet Kataloniens zuständig, d.h., er kann nur über Revisionen gegen Urteile der Amtsgerichte in Katalonien befinden. Manchmal kann es vorkommen, dass trotz der Anwendbarkeit des katalanischen Rechts auf einen Erbfall ein spanisches Gericht außerhalb Kataloniens zuständig ist. In diesen Fällen ist der Spanische Oberste Gerichtshof, nicht der TSJC, letztinstanzlich zuständig.
Rz. 96
Ebenfalls außerhalb des materiellen Rechts – wenn auch nicht eigentlich zum Prozessrecht gehörend – ist darauf hinzuweisen, dass über Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen der katalanischen Grundbuchämter die Generaldirektion für Justiz, Juristische Personen und Mediation der Justizabteilung der katalanischen Regierung (DGDEJM) anstelle der Generaldirektion für Rechtssicherheit und öffentliches Vertrauen (DGSJFP) zu befinden hat. Diese unterschiedliche Zuständigkeit nimmt auch auf Spezialitätskriterien auf der Grundlage der Anwendbarkeit des katalanischen Rechts auf den Fall Bezug und ist in Art. 147.2 EAC ausdrücklich anerkannt. Das Gesetz 5/2009, vom 28. April, hat dieses Rechtsbehelfssystem eingeführt. Die Grundbuchämter können eine Eintragung eines dinglichen Rechts durch Erwerb mortis causa praktisch wegen Verstoßes gegen das geltende Recht verweigern. Der Rechtsbehelf gegen diese Entscheidung muss vor dem DGDEJM anstelle des DGSJFP eingelegt werden.