Prof. Dr. Albert Lamarca i Marquès
I. System der Erbschaft- und Schenkungsteuer
Rz. 97
Die Erbschaft- und Schenkungsteuer ist in Spanien eine Steuer des Staates, wird aber an die Autonomen Regionen abgetreten. Das Estatut d‘Autonomia de Catalunya (EAC) erkennt in seiner ergänzenden Bestimmung Nr. 7a an, dass diese Steuer an die Landesregierung abgetreten wird, was zur Folge hat, dass sowohl Verwaltung als auch Eintreibung durch Abtretung in die Kompetenz der Autonomen Region fallen. Seit dem Gesetz 21/2001, vom 27. Dezember, das die Steuer- und Verwaltungsmaßnahmen des neuen Finanzierungssystems der Autonomen Regionen regelt, besitzen die Autonomen Regionen zudem gesetzgeberische Kompetenzen im Bereich der Steuer.
Rz. 98
In der Praxis bedeutet das, dass das Gesetz, das die Steuer regelt, spanisches Recht ist, Gesetz 29/1987 vom 18. Dezember über Erbschaft- und Schenkungsteuer (LISD) sowie die darin enthaltene Verordnung, Dekret 1629/1991 vom 8. November, das die Verordnung der Erbschaft- und Schenkungsteuer beschließt (RISD). Es bedeutet auch, dass der Staat zwar Gesetz und Regelung über die Steuer modifizieren kann, die Steuer aber bei den Organen der Autonomen Regionen bezahlt werden muss und dass diese Organe Änderungsgesetze und konkrete Anleitungen für die Verwaltung über die Verwendung der Steuer erlassen können. Dies hat die katalanische Regierung mit dem Gesetz 19/2010 vom 7. Juni zur Regelung der Erbschaft- und Schenkungsteuer und mit dem Dekret 414/2011 vom 13. Dezember, das die Verordnung der Erbschaft- und Schenkungsteuer beschließt, verwirklicht.
II. Steuerpflicht
Rz. 99
Die Erbschaftsteuer belastet den Erwerb eines Nachlasses. Der Anknüpfungspunkt für das anwendbare Steuerrecht ergibt sich aus dem Wohnort des Erblassers in Spanien, unabhängig von dem des Erben. Falls der Erblasser Ausländer war, seinen gewöhnlichen Aufenthalt aber in Spanien hatte, wird sein ganzes Erbe entsprechend dem Prinzip der persönlichen Steuerpflicht mit der spanischen Erbschaftsteuer belastet. Falls der Erblasser seinen gewöhnlichen Aufenthalt nicht in Spanien hatte – egal, ob Spanier oder Ausländer –, werden nach dem Grundsatz der beschränkten Steuerpflicht nur die Gegenstände, die sich in Spanien befinden, mit der spanischen Steuer belastet. Es ist unerheblich, ob der Erbe oder Vermächtnisnehmer in Spanien wohnt oder nicht.
III. Zuständigkeit
Rz. 100
Die Kompetenzen der Autonomen Regionen im Bereich der Steuereintreibung bestimmen sich nach dem Ort des letzten gewöhnlichen Aufenthalts des Erblassers, unabhängig vom Ort der Nachlassgegenstände und dem auf die Erbfolge anwendbaren Recht. War der Erblasser nicht in Spanien wohnhaft, so fallen die Verwaltung und Eintreibung der Steuer in die Kompetenz der staatlichen Steuerverwaltung. Diese Kompetenzverteilung hat in der Praxis dazu geführt, dass nicht in Spanien wohnhafte Erblasser oder Erbfolgen über Gegenstände, die sich nicht in Spanien befinden, von den autonomischen Steuererleichterungen nicht profitieren konnten. Der EuGH hat in seiner Entscheidung vom 3.9.2014 diese Regelung für diskriminierend gehalten. Diese Entscheidung war der Ausgangspunkt einer Reform, die die autonomischen Steuerbegünstigungen auch auf nicht in Spanien wohnhafte Ausländer für anwendbar erklärt, und zwar in folgenden zwei Fallkonstellationen: erstens in dem Fall, in dem der Erblasser Ausländer ist, aber der höchste Wert an Güter sich in der Autonomen Region befindet. Zweitens in Fällen, in denen der Erbe oder Begünstigte Ausländer ist, aber der Erblasser seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Autonomen Region hatte. Diese neue Norm gilt aber nur für Ausländer, die in einem Staat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraumes ansässig sind, nicht aber in Drittstaaten.
Rz. 101
Die gesetzgeberischen Befugnisse der Autonomen Regionen dienten anfänglich der Ermöglichung einer eigenen Steuerpolitik im Bereich der Modifizierung der Steuersätze und Steuertarife und zur Begründung von Herabsetzungen und anderen spezifischen steuerlichen Begünstigungen. Auf Grundlage der Ermächtigung des Gesetzes hat dies in der Realität bedeutet, dass einige Autonome Regionen praktisch die Abschaffung der Erbschaftsteuer für die nächsten Angehörigen des Erblassers, nämlich Ehegatten, Nachkommen und Vorfahren, festgelegt haben. Dies hat u.a. durch Prozentsätze des Steuerbetrags oder der Steuerschuld unter 1 % dazu geführt, dass die Erben weniger als 1 % dessen, was ihnen nach dem Erbschaftsteuergesetz obliegen würde, bezahlen müssen. Deswegen gibt es eine autonomische gesetzliche Vielfalt im Bereich der Erbschaftsteuer. Außerdem handelt es sich um Regelungen, die regelmäßig geändert werden.