Prof. Dr. Josep Ferrer Riba
I. Abstammung
Rz. 60
Das katalanische Recht geht vom Prinzip der vollständigen Gleichstellung der ehelichen und der nichtehelichen Abstammung aus. Handelt es sich um ein Kind einer verheirateten Mutter, welches nach der Eheschließung und innerhalb von 300 Tagen seit der Ehetrennung, Scheidung oder Nichtigerklärung geboren wird, ist die Vaterschaftsvermutung anwendbar (Art. 235–5 CCCat). Der Ehemann kann die Vermutung unter bestimmten Umständen bestreiten, wenn das Kind innerhalb von 180 Tagen nach der Eheschließung geboren ist (Art. 235–6 CCCat). Die Vaterschaftsvermutung kann vom Ehemann sodann auch binnen zweier Jahre durch eine Vaterschaftsanfechtsungsklage widerlegt werden. Die Zweijahresfrist beginnt mit dem Zeitpunkt, in welchem der Ehegatte Kenntnis von der Geburt des Kindes oder von Beweisen erlangt, die für die Nichtehelichkeit des Kindes sprechen (Art. 235–23 CCCat). Die Vaterschaftsvermutung kann auch durch die Mutter – sei es in eigenem Namen oder als Vertreter des Kindes – innerhalb derselben Frist angefochten werden (Art. 235–24 CCCat). Das Kind selbst hat die Möglichkeit, die Vaterschaft binnen zweier Jahre nach Erreichen der Volljährigkeit bzw. nach Wiedererreichung der Geschäftsfähigkeit (sofern diese vorher nicht bestanden haben sollte) anzufechten oder aber, nachdem es Kenntnis von Beweisen erlangt hat, die die Anfechtung rechtfertigen (Art. 235–25 CCCat).
Rz. 61
Bei Kindern, die mit Hilfe der assistierten Fortpflanzung geboren worden sind, wird die Vaterschaft durch die Zustimmung des Ehemannes zur Anwendung der Mittel der Fortpflanzungsmedizin festgestellt (Art. 235–8 Abs. 1 CCCat). Ist die Mutter nicht verheiratet, so ist jener Mann, der die Einwilligung zur Fortpflanzung gegeben hat, als Vater zu betrachten (Art. 235–13 Abs. 1 CCCat). Das spanische Gesetz 14/2006 v. 26.5.2006 zur künstlichen Fortpflanzung stellt die Fortpflanzungstechniken auch einer Frau, die keinen Partner hat, zur Verfügung. Für die Feststellung der Vaterschaft ist es unwesentlich, ob die Fortpflanzung mit Spendersamen erfolgt ist oder nicht. Das Gesetz billigt auch der postmortalen Fortpflanzung Wirkungen zu. Unter den folgenden Voraussetzungen wird das geborene Kind rechtlich als Kind eines verstorbenen Mannes betrachtet (Art. 235–8 Abs. 2 und Art. 235–13 Abs. 2 CCCat):
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Die Fortpflanzung muss mit Gameten des Ehemannes oder des Partners stattfinden; |
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der Mann muss eindeutig seine Zustimmung zur Fortpflanzung post mortem erteilt haben; |
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die Fortpflanzung muss sich auf eine Schwangerschaft beschränken (einschließlich der Möglichkeit der Mehrlingsgeburt) und |
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die Fortpflanzung muss binnen 270 Tage nach dem Tod des Mannes durchgeführt werden, wobei der Richter diese Frist bei Vorhandensein eines wichtigen Grundes um maximal 90 Tage verlängern kann. |
Rz. 62
Die Mutterschaft wird durch die Geburt bestimmt (Art. 235–3 CCCat). Die Vereinbarung einer Leihmutterschaft ist in Spanien verboten. Wird ein Kind dennoch durch eine Leihmutter zur Welt gebracht, so ist diese auch als Mutter im rechtlichen Sinne zu qualifizieren und auf jeden Fall als Mutter einzutragen. Die Mutter hat keine Möglichkeit, ihre Mutterschaft nicht anzuerkennen oder anonym zu bleiben. Ihre Zustimmung zur Adoption des Kindes durch eine andere Person muss nach Ablauf einer Frist von mindestens sechs Wochen nach der Geburt immer vor dem Richter abgegeben werden (Art. 235–41 Abs. 2 CCCat). Wird eine Frau mithilfe technischer Mittel der künstlichen Befruchtung schwanger und lebt sie mit einer Ehegattin oder Lebenspartnerin zusammen, so erlaubt das Gesetz der Partnerin, auch Mutter zu werden. Zu diesem Zweck muss diese Partnerin ihre Einwilligung zur künstlichen Befruchtung unter den gleichen Bedingungen geben, wie dies ein Mann tun muss (Art. 235–8.1 Abs. 1 und Art. 235–13 Abs. 1 CCCat).
Rz. 63
Die Ermittlung der biologischen Wahrheit spielt im katalanischen Recht eine zentrale Rolle. Dies gilt sowohl für Fälle, in denen die Vaterschaft nicht bestimmt ist, als auch für Fälle, in welchen die Vaterschaft nicht der biologischen Wahrheit entspricht. Für die gerichtliche Vaterschaftsfeststellung sind der Vater (für jenen Fall, dass die Anerkennung infolge fehlender Zustimmung des Kindes oder infolge fehlender richterlicher Genehmigung keine Geltung erlangt hat), die Mutter und das Kind sein ganzes Leben lang berechtigt (Art. 235–21 CCCat). Die Anfechtungsklage unterliegt gewissen zeitlichen Beschränkungen, aber die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, zu dem man Kenntnis von den Umständen erlangt, die gegen eine Vaterschaft oder Mutterschaft sprechen (Art. 235–23 ff. CCCat). Mit dieser Regelung muss niemand als Mutter oder Vater angesehen werden, der dies in Wirklichkeit nicht ist. Der Kreis der anfechtungsberechtigten Personen ist groß. Das Gesetz geht davon aus, dass sowohl die Mutter als auch jener Mann, der die Anerkennungserklärung abgegeben hat, eine falsche Abstammung anfechten können (Art. 235–26 und Art. 235–27 CCCat). Der biologische Vater ist ebenfalls...