Prof. Dr. Albert Lamarca i Marquès
1. Grundsätze
Rz. 16
Entsprechend der Reihenfolge des BGB und dem sich auf Spanien beziehenden Teil dieses Buches wird im Folgenden die gesetzliche Erbfolge behandelt, obwohl das CCCat dies erst in Titel IV sein IV. Buches (Art. 441–2 bis 444–1) regelt. Die katalanische Regelung der gesetzlichen Erbfolge hat nicht, wie in der Systematik des BGB, gleichzeitig die Funktion der Festlegung von Pflichtteilsquoten. Ebenso wie im spanischen Bürgerlichen Gesetzbuch beschränken sich die Vorschriften darauf, die gesetzlichen Erben zu bestimmen. Tatsächlich sind in Katalonien testamentarische und gesetzliche Erbfolge unvereinbar (Art. 411–3 CCCat: nemo pro parte testatus et pro parte intestatus decedere potest. – Niemand kann teils durch Testament, teils in gesetzlicher Folge vererben); Gleiches gilt für Erbverträge, so dass die Erbeinsetzung nie durch eine Verbindung beider Möglichkeiten geschehen kann.
Rz. 17
Grundsätzlich gilt die gesetzliche Erbfolge, wenn die Angehörigen erben, weil der Verstorbene kein Testament oder keinen Erbvertrag hinterlassen hat, oder wenn der eingesetzte Erbe das Erbe nicht antreten kann. Sofern keine Angehörigen existieren, erbt die katalanische Regierung (Generalitat de Catalunya). Das katalanische Recht hat die Besonderheit, dass die gesetzliche Erbfolge mit freiwilligen Verfügungen über besondere Zuwendungen des Erblassers in einem sog. Kodizill vereinbar ist.
2. Erbfähigkeit
Rz. 18
Die Art. 412–1 bis 412–8 CCCat regeln die Erbfähigkeit und sind auf jede Art der Erbfolge – testamentarische, gesetzliche und vertragliche – anwendbar. Die Erbfähigkeit wird grundsätzlich durch die Existenz des Rechtsnachfolgers im Zeitpunkt des Versterbens des Erblassers bestimmt. Das heißt, der Erbe muss vor dem Todeszeitpunkt geboren sein und den Tod des Erblassers überleben oder aber in diesem Zeitpunkt bereits gezeugt sein und später geboren werden. Das gleichzeitige Versterben schließt Erbrechte aus, und es ist sogar ein 72-stündiges Überleben des Erben nötig, falls der Tod des Erblassers und nachverstorbenen Erben aufgrund desselben Ereignisses oder Grundes hervorgerufen wurde (Art. 211–2 CCCat). Die Annahme des Gezeugtseins schließt Geburten innerhalb von 300 Tagen nach dem Tod des Erblassers ein (Art. 235–4 CCCat). In Fällen, in denen der Erblasser seinen Willen zum Ausdruck gebracht hat, dass post mortem eine künstliche Befruchtung stattfinden soll, erfüllen die Kinder diese Voraussetzung, die innerhalb einer Frist von 270 Tagen nach dem Tod, um 90 Tage verlängerbar, gezeugt werden (Art. 235–8 und 235–13 CCCat).
Rz. 19
In Bezug auf juristische Personen wendet das CCCat dieselbe Regelung an, d.h., die im Todeszeitpunkt bereits gegründeten Personen sind erbfähig. Gleichwohl ist ebenfalls vorgesehen, dass eine juristische Person, deren Gründung der Erblasser nach seinem Tod testamentarisch verfügt hat, Erbe sein kann und ab dem Zeitpunkt der Erlangung der Rechtspersönlichkeit mit Rückwirkung auf den Erbfall erbfähig ist.
Rz. 20
Die Erbfähigkeit ist im CCCat als Voraussetzung für die Erbenstellung, nicht aber für sonstige erbrechtliche Zuwendungen festgeschrieben. Um ein Vermächtnis erhalten zu können, muss der Begünstigte nicht bereits im Todeszeitpunkt existiert haben. Artikel 427–2 CCCat bestimmt, dass das Vermächtnis wirksam ist, wenn der Betreffende geboren wird, d.h., es steht unter einer aufschiebenden Bedingung.
3. Erbunwürdigkeit
Rz. 21
Die Erbunwürdigkeit ist gemeinsam mit der Erbfähigkeit geregelt; die Gründe finden sich in Art. 412–3 CCCat. Grundsätzlich ist ein Gerichtsurteil erforderlich, das den Grund der Erbunwürdigkeit feststellt. Die Voraussetzungen sind sehr streng. Sie nehmen auf verwerfliche Handlungen gegen die körperliche und geistige Integrität des Erblassers und seiner nahen Angehörigen sowie gegen seine Testierfreiheit Bezug. Die Erbunwürdigkeit muss von denjenigen geltend gemacht werden, die im Fall des Bestehens in der Erbfolge begünstigt wären. Die Unwürdigkeitsklage kann bis zum Ablauf von vier Jahren seit der Inbesitznahme des Nachlasses durch den Erbunwürdigen als Erbe oder Vermächtnisnehmer erhoben werden.
Rz. 22
Die Erbunwürdigkeit ist ausgeschlossen, wenn der Erblasser das Testament in Kenntnis des Grundes in der eingesetzten Person errichtet hat. Der Erblasser kann dem Erbunwürdigen zudem in einer öffentlichen Urkunde verzeihen oder sich mit ihm durch eindeutige Handlungen versöhnen; in diesem Fall hat die Erbunwürdigkeit keine Wirkung und kann nicht von Dritten geltend gemacht werden. In Bezug auf den Pflichtteil sind die Gründe für eine Enterbung besonders geregelt.
Rz. 23
Nur für die testamentarische Erbfolge regelt Art. 412–5 CCCat die sog. relative Erbunfähigkeit. So ist vorgesehen, dass die Personen, die an der Testamentserrichtung beteiligt waren, darin nicht begünstigt werden können, auch nicht durch zwischengeschaltete Personen. Das Verbot erfasst Notare, Zeugen, Ärzte, Experten und Übersetzer ebenso wie den Pfarrer, der den Erblasser bei seiner letzten Krankheit Beistand geleistet hat. Ebenso wenig kann der Bet...