1. Testierfähigkeit

 

Rz. 31

In Bezug auf die Testierfähigkeit bestehen keine wesentlichen Unterschiede zwischen katalanischem und dem spanischen Recht. Sie beginnt mit vierzehn Jahren, wenn auch auf notarielle Testamente beschränkt. Für eigenhändige Testamente beginnt sie mit achtzehn Jahren oder mit der Emanzipation für minderjährige Kinder. Das Gesetz geht vom Bestehen der Testierfähigkeit als dem gesetzlichen Regelfall aus (Art. 421–3 CCCat), der nur durch Alter und mangelnde natürliche Einsichtsfähigkeit im Zeitpunkt der Testamentserrichtung begrenzt wird. Daher kann der Notar Personen, die gerichtlich für testierunfähig erklärt wurden, die Errichtung eines Testaments bewilligen, wenn sie im Zeitpunkt der Errichtung einen lichten Moment oder ausreichende natürliche Einsichtsfähigkeit haben. Hierfür muss die Einsichtsfähigkeit von zwei Ärzten in einem dem Testament beizufügenden Bericht bestätigt werden (Art. 421–9 CCCat).[17]

[17] In der Praxis müssen die Gerichte über die Ungültigkeit des Testaments wegen Fehlens der Einsichtsfähigkeit des Testierenden im Zeitpunkt der Errichtung entscheiden, und die Parteien müssen im Prozess die grundsätzliche Annahme des Bestehens der Testierfähigkeit als Regelfall widerlegen, vgl. die Urteile des Obersten Gerichtshofs von Katalonien (Tribunal Superior de Justícia de Catalunya – TSJC) vom 21.6.1990 (RJ 1994/9031), 1.10.1991 (RJ 1992/3908), 1.7.1999 (RJ 2000/8030), 28.2.2000 (RJ 2001/8161), 4.2.2002 (RJ 2002/6966), 16.10.2003 (RJ 2003/8210), 27.9.2007 (RJ 208/383), 17.10.2011 (RJ 2012/2240) und 8.5.2014 (RJ 2014/3737).

2. Testamentsformen

a) Allgemeines

 

Rz. 32

In Katalonien bestehen keine eigenen verschiedenen Testamentsformen insofern, als dies vom Recht der Notare als gesamtstaatlich geregelte Materie beeinflusst ist. Es gibt Unterschiede und Eigenheiten materieller oder inhaltlicher Art. Jedoch ist zu beachten, dass in Katalonien sog. Kodizille und Nachzettel, auf die im Testament Bezug genommen wird, letztwillige Verfügungen enthalten können. Zusätzlich bestimmt das Gesetz, dass nur vor Zeugen errichtete Testamente nicht gültig sind, ebenso wenig wie gemeinschaftliche Testamente, da das Gesetz sich nur auf das Testament als einseitiges Geschäft bezieht. Bis 2008 war die Errichtung des Testaments vor einem Pfarrer erlaubt, diese Möglichkeit hat das CCCat nunmehr abgeschafft.

b) Testamentsformen im Einzelnen

 

Rz. 33

Es existieren zwei Formen von Testamenten: das notarielle und das eigenhändig errichtete.

 

Rz. 34

Notarielle Testamente können öffentlich ("offenes Testament") oder vom Testierenden errichtet und in amtliche Verwahrung gegeben sein ("geschlossenes Testament"). In beiden Fällen sind keine Zeugen erforderlich, es sei denn, der Testierende leidet unter sensorischen Einschränkungen oder kann nicht lesen oder unterschreiben; der Notar kann dann Zeugen fordern, soweit er es für zweckmäßig hält. Das "offene" notarielle Testament ist in Katalonien das am häufigsten vorkommende und blickt auf eine lange Tradition zurück. Das "geschlossene" Testament bewahrt der Notar in einem verschlossenen Umschlag, wie es ihm der Testierende ausgehändigt hat, auf und nimmt es in seine Urkundenrolle auf, so dass das Testament nicht ohne Beschädigung des Umschlags eröffnet werden kann.

 

Rz. 35

Das eigenhändige Testament kann nur von Erwachsenen von mindestens achtzehn Jahren oder von emanzipierten Kindern errichtet werden. Es muss vollständig handschriftlich vom Testierenden geschrieben und am Ende unterschrieben sein. Wie bei allen Testamenten in Katalonien müssen auch hier Ort, Datum und Uhrzeit der Errichtung daraus ersichtlich sein. Nach dem Tod des Erblassers muss es zur Prüfung der Authentizität einem Notar vorgelegt und anschließend innerhalb einer Frist von vier Jahren in eine notarielle Urkunde aufgenommen werden; anderenfalls verliert das Testament seine Gültigkeit.

c) Kodizille und Nachzetteln

 

Rz. 36

Das katalanische Testament unterscheidet sich von dem nach dem spanischen Bürgerlichen Gesetzbuch inhaltlich dahingehend, dass in Katalonien die Einsetzung eines Erben Gültigkeitsvoraussetzung ist. Anderenfalls handelt es sich nicht um ein Testament; ferner wird es unwirksam, wenn der eingesetzte Erbe letztlich nicht erbt. Aus diesem Grund lässt das katalanische Erbrecht Kodizille als letztwillige Verfügungen zu, die sich hinsichtlich der Form nicht von anderen Testamenten unterscheiden, sondern allenfalls inhaltlich: Sie brauchen keine Erbeinsetzung zu enthalten. Zusätzlich kann nach katalanischem Recht auf Nachzetteln Bezug genommen werden, die weniger strengen Formvorschriften unterliegen als die Kodizille; für sie gilt allerdings die quantitative Grenze der Regelung von höchstens 10 % des Nachlasses in Form von Vermächtnissen.

 

Rz. 37

Art. 421–20 CCCat zählt die als Kodizillen möglichen Verfügungen auf. Darunter fallen im Grundsatz alle besonderen Verfügungen, die kein Erbrecht konstituieren. Das Kodizill erlaubt es in erster Linie, ein Testament hinsichtlich einiger konkreter Aspekte abzuändern, ohne dass es vollständig widerrufen und neu errichtet werden muss. Zudem kann hierdurch ein wegen fe...

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