Prof. Dr. Josep Ferrer Riba
Rz. 37
Die Zuweisung des Gebrauchs der Familienwohnung und des Hausrats ist eine sehr wichtige wirtschaftliche Nebenfolge der Trennung, Scheidung oder Nichtigkeit der Ehe. Grundsätzlich steht es den Eheleuten frei zu vereinbaren, wie der Gebrauch der Familienwohnung nach der Trennung geregelt werden soll. Sollte die Entscheidung der Ehegatten allerdings den Kindern schaden, so kann der Richter der entsprechenden Abkommensklausel die Genehmigung verweigern (Art. 233–3 Abs. 1 CCCat). Sofern Kinder vorhanden sind, muss die Familienwohnung vorzugsweise jenem Ehegatten zum Gebrauch übertragen werden, dem die Personensorge zugesprochen worden ist. Wird die Personensorge von beiden Eltern gemeinsam ausgeübt oder ist sie für mehrere Kinder verschieden zugewiesen, so muss der Richter den Wohnungsgebrauch dem Ehegatten zusprechen, der die Wohnung eher benötigt. Die gleiche Regelung muss auch dann angewandt werden, wenn die Ehegatten keine Kinder oder bereits volljährige Kinder haben (Art. 233–20 Abs. 3 CCCat). Ausnahmsweise kann der Gebrauch dem Ehegatten zugesprochen werden, der sich in der schlechteren wirtschaftlichen Lage befindet, obwohl der andere Ehegatte mit den Kindern zusammenlebt, falls dieser hinreichende Mittel hat, um seinen Wohnungsbedarf zu decken (Art. 233–20 Abs. 4 CCCat). Die Zuweisung des Wohnungsgebrauchs ist immer zeitlich begrenzt. Wird der Gebrauch der Familienwohnung aufgrund des Zusammenlebens mit den Kindern zugewiesen, so erstreckt er sich über die gesamte Zeit des Zusammenlebens und endet, wenn die Inobhutnahme der Kinder nach Erreichen der Volljährigkeit abgeschlossen ist. Wird der Wohnungsgebrauch einem Ehegatten zugesprochen, weil er darauf angewiesen ist, so muss der Richter die Dauer dieses Rechts festlegen. Das Recht kann verlängert werden, ebenfalls wieder mit vorübergehendem Charakter, falls die Umstände immer noch vorhanden sind, die zur Zuweisung führten (Art. 233–20 Abs. 5 CCCat).
Rz. 38
Der vom Richter zugewiesene Gebrauch betrifft normalerweise die Familienwohnung. Ausnahmsweise kann aber auch die Zuweisung einer anderen Wohnung erfolgen, sofern deren Gebrauch für den bedürftigen Ehegatten geeigneter erscheint (Art. 233–20 Abs. 6 CCCat). Durch Vereinbarung der Ehegatten oder – falls eine solche nicht vorhanden seine sollte – durch richterlichen Beschluss ist es ferner möglich, eine gemietete Familienwohnung in den vorgehend benannten Fällen dem nicht mietenden Ehegatten für die restliche Mietdauer zuzuordnen. Die unentgeltliche Überlassung einer Wohnung durch den Eigentümer zugunsten eines der Ehegatten oder beides wird von der Rspr. als Gebrauchsleihe qualifiziert, bei welcher die Wiedererlangung vom Bedarfsnachweis abhängt (siehe Art. 1749 CC).
Rz. 39
Das Recht zum Gebrauch der Familienwohnung kann ins Eigentumsregister eingetragen werden, wodurch es Dritten entgegengehalten werden kann, als ob es sich um ein dingliches Recht handeln würde (Art. 233–22 CCCat). Gehört die Familienwohnung ganz oder teilweise dem anderen derzeitigen oder ehemaligen Ehegatten, so kann jener seinen Bruchteil ohne Zustimmung des Benutzers veräußern oder belasten (siehe Rdn 14), wobei der Erwerber eines Rechts an der Wohnung das bestehende Recht zum Gebrauch bis zu dessen Erlöschen achten muss (Art. 233–25 CCCat).
Rz. 40
Die Zuweisung des Gebrauchs der Familienwohnung an den Ehegatten, der nicht Eigentümer der Wohnung ist, ist eine schwere Maßnahme für den Inhaber, da ihm die Nutzung eines wertvollen Guts während eines relativ langen Zeitraums vorenthalten wird. Aus diesem Grund werden einige Fälle bestimmt, in denen die Zuweisung des Wohnungsgebrauchsrechts ausgeschlossen werden kann. So kann z.B. das Gebrauchsrecht dem Ehegatten, der mit den Kindern zusammenlebt, nicht zugesprochen werden, wenn dieser über die notwendigen Mittel verfügt, um den Wohnungsbedarf für sich und die Kinder zu decken. Ebenso wird die Wohnung dann nicht zugesprochen, wenn der Ehegatte, der die Wohnung überlassen müsste, genügend Mittel hat, um den Kindesunterhalt und die Ausgleichsabfindung in einer Höhe zu leisten, dass die Bedürfnisse des anderen Ehegatten und der Kinder für eine Wohnung gedeckt sind (Art. 233–21 CCCat).