1 Leitsatz
Der kaufvertragliche Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung (kleiner Schadensersatz) kann anhand der voraussichtlich erforderlichen, aber (noch) nicht aufgewendeten ("fiktiven") Mängelbeseitigungskosten bemessen werden. Allerdings muss die Umsatzsteuer nur ersetzt werden, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.
2 Normenkette
§§ 9a Abs. 2, 16 Abs. 2 Satz 1, 19 Abs. 1 WEG
3 Das Problem
K erwirbt von B mit notariellem Kaufvertrag ein Wohnungseigentum zum Preis von 79.800 EUR unter Ausschluss der Sachmängelhaftung. Im Kaufvertrag heißt es u. a.: "Der Verkäufer verpflichtet sich, die Fassade zur Gartenseite und die rechte Fassadenseite zum Stellplatz hin bis zum 1.4.2014 auf seine Kosten sach- und fachgerecht zu isolieren und zu verputzen. Für diese Arbeiten übernimmt der Verkäufer die Gewährleistung nach den Regeln des Werkvertragsrechts des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Dem Verkäufer ist bekannt, dass es in der Vergangenheit an der Schlafzimmerwand Feuchtigkeit gab. Sollte es bis zum 31.12.2015 erneut zu einer Feuchtigkeit im Schlafzimmer kommen, verpflichtet sich der Verkäufer, diese auf seine eigenen Kosten zu beheben." Nach Übergabe der Wohnung tritt Ende 2014 im Schlafzimmer Feuchtigkeit auf, zu deren Beseitigung K den B erfolglos unter Fristsetzung auffordert. Die Wohnungseigentümer ermächtigen K in Bezug auf das gemeinschaftliche Eigentum. Mit der Klage verlangt K die Zahlung der voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten ohne Umsatzsteuer i. H. v. 12.312,90 EUR und den Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten; ferner will K feststellen lassen, dass B weitere Schäden ersetzen muss. Das LG verurteilt B zur Zahlung von 7.972,68 EUR nebst vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten und stellt die Ersatzpflicht für weitere Schäden fest. Soweit die Forderung Schäden am gemeinschaftlichen Eigentum betrifft, beschränkt das LG den Anspruch des K auf seinen "Kostenanteil". Das OLG weist die Berufung des B zurück. Mit der Revision will B die Abweisung der Klage insgesamt erreichen.
4 Die Entscheidung
Ohne Erfolg! B sei dem K aufgrund der festgestellten Feuchtigkeitsmängel gem. §§ 437 Nr. 3, 280, 281 Abs. 1 BGB zum Schadensersatz verpflichtet. Der kaufvertragliche Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung (kleiner Schadensersatz) könne anders als der werkvertragliche Anspruch anhand der voraussichtlich erforderlichen, aber (noch) nicht aufgewendeten ("fiktiven") Mängelbeseitigungskosten bemessen werden. Die angefochtene Entscheidung halte auch im Übrigen der rechtlichen Überprüfung stand. Im Hinblick auf die Anspruchshöhe, die Nebenforderungen sowie die Zuerkennung des Feststellungsantrags erhebe die Revision keine Einwendungen. Soweit das gemeinschaftliche Eigentum betroffen ist, sei die Verurteilung auf den Ersatz der nach dem Miteigentumsanteil bestimmten anteiligen Kosten beschränkt worden.
Hinweis
- Im Fall verlangt K voraussichtliche Kosten von rund 12.000 EUR, damit er ein Feuchtigkeitsproblem im Schlafzimmer in Angriff nehmen kann. Ein Vorschuss ist im Kaufrecht allerdings nicht vorgesehen. Bisher war deshalb allgemein anerkannt, dass als Schadensersatz fiktive Kosten zugesprochen werden können – also das Geld, welches für die Arbeiten voraussichtlich zu bezahlen ist. Im Werkvertragsrecht hat der VII. Zivilsenat im Jahr 2018 für eine solche Lösung allerdings die Tür versperrt. Er ist der Ansicht, dass die fiktive Berechnung zu einer "Überkompensation" führen könne. Deshalb können im Werkvertragsrecht in der Regel nur noch die tatsächlichen Kosten verlangt werden. Nach dieser Entscheidung bleibt beim Immobilienkauf hingegen alles beim Alten.
- Das LG hatte die Klage trotz der Ermächtigung teilweise abgewiesen. Es meinte, K könne nur Schadensersatz verlangen, soweit er im Innenverhältnis die Kosten der Erhaltungsmaßnahme nach § 16 Abs. 2 Satz 1 WEG tragen müsse. In seinem Urteil heißt es wie folgt: "Die Verpflichtung des Beklagten kann jedoch wegen der vorzunehmenden Abwägung der Parteiinteressen nur soweit gehen, wie die Kläger selbst durch die wieder auftretende Feuchtigkeit wirtschaftlich belastet sind. Insoweit ist insbesondere zu berücksichtigen, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Kaufgegenstand um eine Eigentumswohnung handelt, folglich nach dem WEG aus Sonder- und Gemeinschaftseigentum besteht. Soweit die Ursache der Feuchtigkeit auf Schäden am Gemeinschaftseigentum zurückgeht, erstreckt sich die von dem Beklagten eingegangene Verpflichtung nur auf 344/1.000 der auf die Sanierung entfallenden Kosten, was dem Miteigentumsanteil der Kläger entspricht. Denn der streitgegenständliche Kaufvertrag enthält keine Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte gegenüber der Eigentümergesellschaft selbst irgendeine Verpflichtung begründen wollte". Beim OLG heißt es insoweit wie folgt: "Wegen des Mangels am gemeinschaftlichen Eigentum steht den Klägern ein Schadensersatzanspruch nur in Höhe ihres Miteigentumsanteils (344/1.000) zu. Der Erwerber einer Eigentumswohnung kann nicht den gesamten Minderwert des Gemeinschaftseigentums als Schadensersatz ersetzt ...