Zusammenfassung

Das OLG Celle (Beschluss v. 24.2.2023, 9 W 16/23) hat sich mit der Frage beschäftigt, ob das Geburtsdatum und der Wohnort eines Geschäftsführers aus bestimmten Gründen (hier bei Gefahr für Leib und Leben) aus dem Handelsregister gelöscht werden müssen. Die Sache ist nun beim BGH (BGH, II ZB 7/23) anhängig.

Hintergrund

Der Antragsteller ist als GmbH-Geschäftsführer unter Angabe seines Wohnortes und seines Geburtsdatums seit 2012 im Handelsregister eingetragen.

Der Antragsteller beantragte gegenüber dem Registergericht in den Folgejahren (das konkrete Datum wird im Beschluss nicht genannt), die Angaben zu seinem Geburtsdatum und zu seinem Wohnort aus dem Handelsregister zu entfernen. Als Begründung gab er an, die entsprechenden Daten seien "unter anderem im Melderegister aufgrund von Gefahren für Leib und Leben gesperrt". Mit Anwaltsschriftsatz an das LG im Januar 2023 führte der Antragsteller weiter aus, seine berufliche Tätigkeit bestehe im Umgang mit Sprengstoff, sodass bei ihm die Gefahr bestehe, Opfer einer Entführung oder eines Raubes zu werden, "um die von ihm gehandhabten Sprengstoffe zu erlangen".

Das Registergericht lehnte den Antrag des Antragstellers mit Verweis auf die verpflichtenden Vorgaben der Handelsregisterverordnung ab. Auch der Beschwerde des Antragstellers, die er mit dem hilfsweisen Begehren verband, eine Übermittlung von Geburtsdatum und Wohnort aus dem Handelsregister an Dritte erst nach einer Interessenabwägung vorzunehmen, half das Registergericht mit Beschluss vom 13. Februar 2023 nicht ab. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers vor dem OLG Celle.

Nach Ansicht des OLG Celle fehlte es an einer hinreichenden Rechtsgrundlage für das Löschungsbegehren des Geschäftsführers:

  • Kein Widerspruchsrecht

    Nach Art. 21 Abs. 1 DSGVO stehe dem Antragsteller wegen der Verarbeitung personenbezogener Daten ein Widerspruchsrecht nicht zu, dies folge aus § 10a Abs. 3 HGB, denn dort ist geregelt, dass das Widerspruchsrecht in Bezug auf die im Handelsregister, in Registerbekanntmachungen oder in zum Handelsregister einzureichenden Dokumenten enthaltenen personenbezogenen Daten keine Anwendung findet.

  • Kein Recht auf Löschung

    Aus Art. 17 Abs. 1, Abs. 2 DSGVO folgerte das OLG auch keinen Löschungsanspruch zugunsten des Antragstellers, weil hier ebenfalls gemäß Art. 17 Abs. 3 lit. b DSGVO eine Ausnahme für die Datenverarbeitung im Handelsregister vorliegt.

  • Bestimmung des § 10a Abs. 3 HGB verfassungskonform

    Einen Verstoß gegen Verfassungs- oder Europarecht sah der Senat weder generell noch bezogen auf den Streitfall. Denn die in § 10a Abs. 3 HGB vorgenommene Einschränkung der Rechte aus Art. 21 DSGVO ist von Art. 23 Abs. 1 lit. e DSGVO gedeckt, wonach die Pflichten und Rechte gemäß den Art. 12 bis 22 DSGVO zum Schutz sonstiger wichtiger Ziele des allgemeinen öffentlichen Interesses der Union oder eines Mitgliedstaates beschränkt werden können. Dazu zählen funktionsfähige und verlässliche öffentliche Register, die für die Sicherheit und Leichtigkeit des Rechtsverkehrs unerlässlich sind (vgl. BT-Drs. 18/12611, S. 67). Danach diene die Vorschrift des § 10a Abs. 3 HGB der Gewährleistung der Sicherheit und Leichtigkeit des Registerverkehrs; ein Widerspruch gegen die Datenverarbeitung wäre mit den Publizitätsanforderungen des öffentlichen Registers nicht in Einklang zu bringen.

  • Kein überwiegendes Interesse des Antragstellers

    Das Interesse des Antragstellers an einer Geheimhaltung seines Geburtsdatums und seines Wohnorts überwiegt hier nach Ansicht des Senats auch nicht das öffentliche Interesse an der Führung des Handelsregisters, dies sei weder hinreichend vorgetragen noch sonst ersichtlich. Ein derart überwiegendes Interesse folge insbesondere nicht aus den vom Antragsteller in Bezug genommenen, ihn betreffenden verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen. Denn bei Auskünften aus dem Fahrzeugregister, die diese Entscheidungen zum Gegenstand haben, seien andere, deutlich weitergehende persönliche Daten als nur die – hier allein in Rede stehenden – Angaben zum Geburtsdatum und Wohnort betroffen (vgl. § 33 StVG).

  • Keine hinreichenden Anhaltspunkte für Gefährdung

    Des Weiteren sei eine tatsächliche Gefährdung des Antragstellers – die er über allgemeine Angaben hinaus nicht konkretisiert hat – zu dessen Gunsten unterstellt, auch weder vorgetragen noch ersichtlich, in welcher Weise eine solche Gefährdung durch die Einsehbarkeit von Geburtsdatum und Wohnort im Handelsregister verursacht oder erhöht werden soll. Soweit es die Nennung des Wohnorts betrifft, ist insbesondere zu berücksichtigen, dass eine genaue Adressangabe nicht erfolgt und ein Ansatzpunkt zum Auffinden des Antragstellers auch bereits mit der Nennung der Geschäftsanschrift der betroffenen Gesellschaft gegeben sei, deren Löschung der Antragsteller indes nicht begehrte.

  • DiRUG und § 10a Abs. 3 HGB

    Der die Einschränkung datenschutzrechtlicher Ansprüche rechtfertigende Zweck des § 10a Abs. 3 HGB, der als solcher nicht zu beanstanden sei, bleibe nach...

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