1 Leitsätze

  1. Ein Durchführungsvertrag i. S. v. § 12 Abs. 1 Satz 1 BauGB bezieht sich, anders als ein Erschließungsvertrag, nicht auf eine gebietsbezogene Erschließung, sondern auf die Einzelerschließung eines Vorhabens i. S. d. § 30 BauGB im Rahmen eines Vorhaben- und Erschließungsplans.
  2. Für eine aufgrund eines Durchführungsvertrags im Bereich eines Vorhaben- und Erschließungsplans hergestellte öffentliche Straße können nach § 12 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 BauGB keine Erschließungsbeiträge erhoben werden.
  3. Ein Privatweg kann nur dann als nächste von einem Grundstück aus erreichbare selbstständige Straße die maßgebliche Erschließungsanlage sein, wenn er zum Anbau bestimmt und zur verkehrsmäßigen Erschließung der an ihn grenzenden Grundstücke geeignet ist. Dies setzt voraus, dass er diesen Grundstücken die regelmäßige Erschließung verschaffen kann, die für ihre zulässige bauliche oder gewerbliche Nutzung erforderlich ist.

2 Normenkette

§§ 12 Abs. 3 Satz 2, 127, 133 BauGB

3 Das Problem

Erschließungsbeiträge werden nach den §§ 127 ff. BauGB von den Gemeinden für die erstmalige Herstellung von Straßen von den Anliegern verlangt. Sie erreichen oft beträchtliche finanzielle Dimensionen. Das Erschließungsbeitragsrecht ist äußerst kompliziert; das Urteil des BVerwG befasst sich mit 3 immer wiederkehrenden Sonderfällen, wo die Erhebung von Erschließungsbeiträgen strittig ist.

4 Die Entscheidung

  1. Zunächst befasst sich das BVerwG mit Erschließungsbeiträgen, die für eine Straße erhoben werden sollten, die in einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan vorgesehen war. Sie wurde aufgrund des zu dem Bebauungsplan gehörigen Durchführungsvertrags hergestellt. Das BVerwG verweist auf § 12 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 BauGB und sagt, dass für eine solche Straße keine Erschließungsbeiträge erhoben werden dürfen. Eine solche Straße stelle unabhängig von dem durch die tatsächlichen Verhältnisse vermittelten Gesamteindruck eine selbstständige Erschließungsanlage darf. Sie darf daher nicht zusammen mit anderen Straßen abgerechnet werden. Dies gilt auch dann, wenn die Straße sich bei natürlicher Betrachtung als unselbstständiger Teil einer im Übrigen außerhalb des Vorhaben- und Erschließungsplans befindlichen beitragsfähigen Anbaustraße darstelle.
  2. Manche Grundstücke liegen nicht an einer öffentlichen Straße und sind nur durch einen Privatweg mit einer öffentlichen Straße verbunden. Hier stellt sich die Frage, ob auch der Privatweg eine beitragsfähige öffentliche Straße sein kann. Das BVerwG bejaht dies, wenn der Privatweg zum Anbau und zur Erschließung geeignet ist. Das ist der Fall, wenn er den an ihm anliegenden Grundstücken die regelmäßige Erschließung verschaffen kann, die für deren zulässige bauliche oder gewerbliche Nutzung erforderlich ist.
  3. Es gibt Grundstücke, die nicht nur durch eine, sondern durch mehrere Straßen erschlossen sind. Hier ist es strittig, ob ein mehrfacher Erschließungsbeitrag erhoben werden kann. Das BVerwG sagt hierzu, dass die einzelnen Erschließungsanlagen die Grundstücke jeweils nur dann erschließen, wenn sie je für sich dem Grundstück die für seine Bebaubarkeit oder vergleichbare beitragsrelevante Nutzbarkeit erforderliche, regelmäßige Erschließung vermitteln, sodass bei der Prüfung des Erschlossenseins durch eine von ihnen die andere hinweg gedacht werden kann. Es muss also jede Erschließungsanlage den vollen Erschließungsvorteil vermitteln. Eine Doppelerschließung kann also eine teure Sache werden. Gemindert wird dieser Nachteil in vielen gemeindlichen Beitragssatzungen aber dadurch, dass für doppelt erschlossene Grundstücke lediglich 4/3 des Gesamtbeitrags erhoben werden.

5 Entscheidung

BVerwG, Urteil v. 25.1.2021, 9 C 1/19

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