Leitsatz
In einem Rechtsstreit um den von dem Kindesvater zu zahlenden Kindesunterhalt für zwei minderjährige Kinder war zentrales Problem, welchen Inhalt ein vorgerichtliches Schreiben an den Unterhaltsschuldner haben muss, um Verzugswirkung zu entfalten.
Sachverhalt
Die Klägerin nahm den Beklagten, ihren getrennt lebenden Ehemann, auf Zahlung von Kindesunterhalt für die beiden gemeinsamen in den Jahren 1997 und 1999 geborenen Kinder in Anspruch.
Das erstinstanzliche Gericht hat den Beklagten unter Aufhebung des Versäumnisurteils und unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt, für jedes der beiden Kinder ab April 2007 monatlichen Unterhalt i.H.v. 100,00 EUR zu zahlen.
Der Beklagte verfolgte mit der Berufung seinen Antrag auf vollständige Klageabweisung weiter und führte zur Begründung an, er sei aufgrund mehrerer Bandscheibenvorfälle schwer erkrankt und sei 2007 dreimal operiert worden. Er sei arbeitsunfähig, weil er bei jeder Bewegung unter ständigen Schmerzen leide. Er habe keine Ausbildung und sei mit mittlerweile 43 Jahren nicht vermittelbar. Wegen fehlender Erwerbschancen könne ihm ein fiktives Erwerbseinkommen nicht zugerechnet werden.
Auch eine Reduzierung seines Selbstbehalts könne mangels Leistungsfähigkeit seiner Lebensgefährtin nicht erfolgen, da diese nur eine monatliche Rente von 522,00 EUR erhalte.
Ihm stehe lediglich die Regelleistung nach dem SGB II zur Verfügung, die wegen der Bedarfsgemeinschaft auf 316,00 EUR reduziert worden sei.
Das Rechtsmittel des Beklagten hatte Erfolg und führte zur Aufhebung des Versäumnisurteils des erstinstanzlichen Gerichts und vollständigen Abweisung der Klage.
Entscheidung
Das Rechtsmittel des Beklagten hatte in vollem Umfang Erfolg und führte zur Aufhebung des Versäumnisurteils und zur vollständigen Abweisung der Klage.
Das OLG verneinte einen Anspruch auf Kindesunterhalt für die Monate von April bis September 2007 bereits mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 1613 Abs. 1 S. 1 BGB. Das vorgerichtliche Schreiben der früheren Bevollmächtigten der Klägerin vom 20.4.2007 habe den Beklagten nicht in Verzug gesetzt und enthalte auch keine Aufforderung zur Auskunftserteilung i.S.d. § 1613 Abs. 1 S. 1 BGB.
Es handele sich nicht um eine verzugsbegründende Mahnung i.S.d. § 286 BGB. Eine Mahnung müsse eine eindeutige Aufforderung zur Leistung enthalten. Lediglich die Aufforderung, in Zukunft Erwerbsbemühungen zu entfalten, sei nicht der konkreten Aufforderung zur Erbringung von Kindesunterhalt gleichzusetzen.
Es handele sich auch nicht um eine Aufforderung zur Erteilung der Auskunft über Einkommen bzw. Vermögen i.S.d. § 1613 Abs. 1 BGB.
Vielmehr handele es sich um einen Hinweis auf die gesteigerte Erwerbsobliegenheit des § 1603 BGB verbunden mit der Aufforderung, insoweit entsprechende Bemühungen zu entfalten und dies zu belegen. Eine solche Aufforderung habe nicht die Wirkung des § 1313 Abs. 1 S. 1 BGB. Die Wirkung der sog. Stufenmahnung, die im Jahre 1998 in die Regelung des § 1613 BGB übernommen worden sei, beruhe darauf, dass der Unterhaltsberechtigte ohne die begehrte Auskunft nicht in der Lage sei, seinen Unterhaltsanspruch zu beziffern.
Für die Zeit ab Oktober 2007 lägen die Voraussetzungen des § 1613 Abs. 1 S. 1 BGB aufgrund des vorgerichtlichen Schriftsatzes der jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 5.10.2007 vor. Ein Anspruch auf Zahlung von Kindesunterhalt scheitere jedoch ab diesem Zeitpunkt an der fehlenden Leistungsfähigkeit des Beklagten.
Link zur Entscheidung
OLG Hamm, Urteil vom 14.08.2009, I-13 UF 83/09