Leitsatz
Gibt ein Arbeitnehmer zu, im Arbeitsverhältnis Unterschlagungen begangen zu haben, und unterzeichnet er vor einem Notar ein Schuldanerkenntnis, kann er gegen dessen Wirksamkeit nicht mit Erfolg einwenden, die Methoden zu seiner Überführung seien unzulässig gewesen.
Sachverhalt
Der klagende Arbeitnehmer war bei der Arbeitgeberin als Verkäufer im Getränkemarkt beschäftigt. Nachdem durch Inventuren erhebliche Fehlbestände an Leergut aufgefallen waren, nahm die Arbeitgeberin Langzeitauswertungen vor und installierte Ende Juni 2006 eine für den Arbeitnehmer nicht erkennbare Videokamera über seinem Arbeitsplatz an der Getränkemarkt-Kasse. Nach Darstellung der Arbeitgeberin ergab die Videoauswertung Unterschlagungen des Arbeitnehmers i.H.v. 1120 EUR binnen 3 Arbeitstage. Die Kassenauswertung ergab für 2 Monate einen Schaden von über 10000 EUR. Damit wurde der Arbeitnehmer im Beisein der Betriebsratsvorsitzenden konfrontiert. Er gab zu, seit 4 Jahren regelmäßig Geld genommen und dies mit fingierten Pfandbonzetteln verdeckt zu haben. Er bestätigte handschriftlich, innerhalb von 4 Jahren einen Gesamtschaden von wenigstens 110000 EUR verursacht zu haben.
Vor einem Notar unterzeichnete der Arbeitnehmer ein vom Notar formuliertes Schuldanerkenntnis wegen von ihm begangener vorsätzlicher unerlaubter Handlungen i.H.v.113750 EUR zuzüglich Zinsen. Später ließ er seine Willenserklärung im notariellen Schuldanerkenntnis aus allen Gesichtspunkten anfechten und verlangte klageweise die Urkunde wegen Sittenwidrigkeit des Rechtsgeschäfts heraus.
Damit hatte er keinen Erfolg: Einwände gegen die Höhe des von ihm verursachten Schadens oder gegen die Art und Weise, wie er überführt wurde, kann der Arbeitnehmer gegen das notarielle Schuldanerkenntnis nicht ins Feld führen. Mit Unterzeichnung des Anerkenntnisses hat er solche bekannten Einwände aufgegeben. Der Inhalt der notariellen Urkunde stellt sich auch nicht als sittenwidrig dar. Zwar ist die Summe hoch, im Verhältnis zu dem vorausgegangenen Geständnis des Arbeitnehmers und zu den Feststellungen, die die Arbeitgeberin gemacht hatte, war der Schadensbetrag aber vorsichtig kalkuliert.
Die Arbeitgeberin hat auch keine Geschäftsunerfahrenheit des Arbeitnehmers ausgenutzt. Die Drohung mit einer Strafanzeige erscheint angesichts des vom Arbeitnehmer selbst eingeräumten Sachverhalts nicht als unverhältnismäßig.
Link zur Entscheidung
BAG, Urteil v. 22.7.2010, 8 AZR 144/09.