Leitsatz
Der BGH hat sich in dieser Entscheidung mit der Beschwerdeberechtigung des Jugendamtes und deren Grenzen auseinandergesetzt.
Sachverhalt
Das betroffene minderjährige Kind war aus der Verbindung nicht miteinander verheirateter Eltern hervorgegangen. Der Vater war verstorben. Die testamentarisch zur Alleinerbin bestimmte Mutter hatte die Erbschaft ausgeschlagen. Für das nunmehr als Erbe berufene Kind hat sie als dessen gesetzliche Vertretung die Erbschaft ebenfalls ausgeschlagen und hierfür die Genehmigung des FamG beantragt.
Das AG hat zur Entgegennahme der Zustellung des noch zu erlassenen Genehmigungsbeschlusses sowie zur Erklärung eines Rechtsmittelverzichts bzw. zur Einlegung eines Rechtsmittels die Ergänzungspflegschaft angeordnet und das Jugendamt zum Ergänzungspfleger bestellt.
Hiergegen wandte sich das Jugendamt mit der Beschwerde und begründete das Rechtsmittel damit, dass es keiner Ergänzungspflegschaft bedürfte, weil das Kind von der sorgeberechtigten Mutter vertreten werden könne.
Das OLG hat die Beschwerde aus Sachgründen abgewiesen. Hiergegen wandte sich das Jugendamt mit der vom OLG zugelassenen Rechtsbeschwerde.
Entscheidung
Der BGH hat die Rechtsbeschwerde des Jugendamtes gegen den Beschluss des OLG mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beschwerde gegen den Beschluss des AG hinsichtlich der Anordnungen der Ergänzungspflegschaft verworfen wurde.
Dem Jugendamt fehle es hinsichtlich der Anordnung der Ergänzungspflegschaft an der Beschwerdeberechtigung. Eine solche bestehe für das Jugendamt zwar immer, wenn es sich gegen seine Auswahl und Bestellung als Ergänzungspfleger wende. Sie fehle jedoch, wenn das Jugendamt die Anordnung der Ergänzungspflegschaft selbst angreife. Bei der Anordnung der Ergänzungspflegschaft einerseits und der Bestellung zum Ergänzungspfleger andererseits handele es sich um jeweils selbständige Verfahrensgegenstände.
Bei einer solchen Konstellation müsse sich die Beschwerdebefugnis auf den jeweiligen angefochtenen Gegenstand beziehen, wobei sich hier eine Beschwerdebefugnis des Jugendamtes weder aus § 162 Abs. 3 S. 2 FamFG noch aus § 59 Abs. 1 FamFG ergebe.
Eine Beschwerdebefugnis des Jugendamtes nach § 162 FamFG bestehe nicht, weil es beim Anordnungsverfahren der Ergänzungspflegschaft für das Genehmigungsverfahren der Erbausschlagung nur um ein vermögensrechtliches und daher nicht um ein die Person des Kindes betreffendes Verfahren nach § 162 Abs. 1 S. 1 FamFG handele. Durch die Anordnung der Ergänzungspflegschaft werde das Jugendamt - anders als durch seine Bestellung - auch nicht in seinen Rechten i.S.v. § 59 FamFG betroffen.
Die Rechtsbeschwerde sei auch hinsichtlich der Zurückweisung der Beschwerde gegen die Bestellung des Jugendamtes als Ergänzungspfleger materiell unbegründet, da seine Auswahl nicht rechtsfehlerhaft gewesen sei.
Hinweis
Die Mitwirkung des Jugendamtes gemäß § 162 FamFG und die Beschwerdemöglichkeit nach § 162 Abs. 3 FamFG machen das Jugendamt nicht zu einem Beteiligten i.S.d. § 7 FamFG. Dem trägt § 162 Abs. 2 FamFG Rechnung, nachdem das Jugendamt auf seinen Antrag am Verfahren zu beteiligen ist. Damit hat das Jugendamt die Stellung eines Kann-Beteiligten i.S.d. § 7 Abs. 2 Nr. 2 FamFG.
Will das Jugendamt Rechte geltend machen, die den Beteiligten zustehen, muss es förmlich seine Beteiligung beantragen.
Die förmliche Beteiligung ist insbesondere erforderlich, wenn die Anregung auf Einleitung eines Verfahrens durch das Gericht nicht befolgt wird. Das Jugendamt muss einen eigenen Antrag stellen und wird dadurch zum Verfahrensbeteiligten.
Link zur Entscheidung
BGH, Beschluss vom 23.11.2011, XII ZB 293/11