Leitsatz

  1. Im WE-Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit gibt es im Hinblick auf die Amtsermittlungspflicht keine Beweislast im Sinne einer formellen oder subjektiven Beweisführungslast
  2. Verbleibende Ungewissheit beurteilt sich nach den Regeln der Feststellungslast nach materiellem Recht
  3. Hinsichtlich der Echtheit einer Unterschrift gilt der Grundsatz freier Beweiswürdigung
 

Normenkette

(§§ 12 und 15 FGG; §§ 286, 440 Abs. 2 ZPO)

 

Kommentar

1. Im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit gibt es im Hinblick auf die Amtsermittlungspflicht nach § 12 FGGkeine Beweislast eines Beteiligten im Sinne einer formellen oder subjektiven Beweisführungslast. Bleiben die Ermittlungen ohne Erfolg, beantwortet sich die Frage, wer die Folgen der Ungewissheit zu tragen hat, nach den Regeln der Feststellungslast. Die Grundsätze für die Verteilung der Feststellungslast ergeben sich aus dem materiellen Recht; auf die Stellung der Beteiligten im Verfahren kommt es nicht an. Im Antragsverfahren trägt i.d.R. der Antragsteller die Feststellungslast für die seinen Antrag begründenden Tatsachen, während dies für den Antragsgegner hinsichtlich solcher Umstände gilt, mit denen er dem Antragsbegehren entgegen tritt. Gesetzliche Tatsachenvermutungen können die Verteilung der Feststellungslast abweichend regeln.

2. Es entspricht allgemeiner Meinung, dass § 440 Abs. 2 ZPO als Beweisvermutung für die Echtheit von Privaturkunden eine dem Amtsverfahren fremde Bestimmung darstellt und deshalb keine Anwendung findet; ersetzt wird die gesetzliche Vermutung im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit durch den Grundsatz freier Beweiswürdigung (hier: zur Frage der Echtheit von Unterschriften).

 

Link zur Entscheidung

( BayObLG, Beschluss vom 20.03.2002, 2Z BR 99/01, BayObLGZ 2002 Nr. 14)

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