Leitsatz

Die seit dem Jahre 1964 miteinander verheirateten Parteien hatten in einem notariellen Ehevertrag im Jahre 1967 Gütertrennung vereinbart. Sie lebten seit 1994 voneinander getrennt. Im Jahre 2002 leitete der Ehemann das Ehescheidungsverfahren ein. Der Scheidungsantrag wurde der Ehefrau am 9.2.2002 zugestellt. Durch Verbundurteil vom 28.5.2002 wurde die Ehe geschieden. Der Versorgungsausgleich wurde im Hinblick auf den insoweit geschlossenen Vergleich der Parteien vom 28.5.2002 mit gerichtlicher Genehmigung gem. § 1587o Abs. 2 BGB ausgeschlossen. Im Rahmen des anschließenden Beschwerdeverfahrens stritten sich die Parteien nur noch über die Durchführung des Versorgungsausgleichs.

 

Sachverhalt

Der Ehemann war selbständiger Kaufmann und hatte während der Ehe eine eigene Firma geführt. Einen Teil seiner Firmenbeteiligung veräußerte er im Jahre 1998 samt dem Eigentum an den Firmenimmobilien an seine Söhne. Aus dem Erlös erwarb er mit Vertrag vom 30.7./6.10.1998 durch Einmalzahlung i.H.v. 6,5 Mio. DM eine Leibrentenversicherung, aus der er ab November 1998 Leistungen in Form einer monatlichen Leibrente erhielt. Wegen enttäuschter Renditeerwartungen wurde dieser Versicherungsvertrag zum 31.12.2004 von dem Ehemann gekündigt. Eine im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung zugunsten des Ehemannes abgeschlossene Rentenversicherung mit Kapitalwahlrecht war bereits mit Schreiben vom 3.12.2001 zum 31.12.2001/1.1.2002 gekündigt worden. Die Ehefrau bezog zum Zeitpunkt der Durchführung des Ehescheidungsverfahrens bereits Altersrente, ferner erhielt sie von dem Ehemann Unterhaltszahlungen, über deren Höhe sich die Parteien in einem gesonderten Rechtsstreit stritten.

In dem erstinstanzlichen Verfahren wurden lediglich die von dem Ehemann während der Ehezeit in der gesetzlichen Rentenversicherung erworbenen Rentenanwartschaften i.H.v. monatlich 572,29 EUR berücksichtigt und die dort in gleicher Zeit von der Ehefrau erworbenen Anwartschaften i.H.v. 712,66 EUR und außerdem angleichungsdynamische Anwartschaften i.H.v. 25,85 EUR. Weitere Versorgungsanwartschaften wurden bei dem Ehemann nicht berücksichtigt und von ihm in den ausgefüllten Fragebögen zum Versorgungsausgleich auch nicht benannt. Anlässlich ihrer Anhörung vor dem erstinstanzlichen Gericht begründeten die Parteien den nachfolgend vereinbarten Ausschluss des Versorgungsausgleich mit dem Hinweis, dass beide nicht unvermögend seien und zudem zugunsten des Ehemannes bereits "durch Lebensversicherungen und Ähnliches eine Altersabsicherung gegeben sei". Vorausgegangen war ein Schreiben der Ehefrau an den Ehemann vom 18.5.2005, indem sie ihm vorgeschlagen hatte, ihr zur Alterssicherung "einen Teil seiner Lebensversicherung zu übertragen, aus der sie aus gleichen Bedingungen wie der Ehemann monatliche Rente erhalte".

In der Folgezeit ließ die Ehefrau durch ihre Bevollmächtigte die Anfechtung des Vergleichs zum Versorgungsausgleich vom 28.5.2002 erklären. Zur Begründung verwies sie darauf, erst aufgrund der ihr im Unterhaltsverfahrens zugänglich gemachten Steuerbescheide davon Kenntnis erlangt zu haben, dass ihr Ehemann entgegen seinen insoweit unrichtigen Angaben im Scheidungsverfahren dort verschwiegene Ansprüche auf Leibrentenzahlung habe. Mit eben dieser Begründung beantragte sie die Fortsetzung des Scheidungsverbundverfahrens bezüglich des Versorgungsausgleichs. Aufgrund der erfolgten Anfechtung des Vergleichs vom 28.5.2002 sei dieser wirkungslos und daher das Ausgangsverfahren bezüglich des Versorgungsausgleichs fortzusetzen.

Der Ehemann ist dieser Argumentation entgegengetreten und hat die Auffassung vertreten, der im Vergleich vom 28.5.2002 erklärte Verzicht der Ehefrau auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs stelle eine reine Prozesshandlung dar, die als solche nicht angefochten werden könne. Im Übrigen sei die Anfechtungserklärung sowohl verspätet, als auch sachlich unbegründet.

Das erstinstanzliche Gericht hat den Antrag der Ehefrau auf Fortsetzung des Ausgangsverfahrens und Durchführung des Versorgungsausgleichs durch Beschluss zurückgewiesen.

Hiergegen richtete sich die Beschwerde der Ehefrau, mit der sie ihren Antrag auf Fortsetzung des Ausgangsverfahrens und Durchführung des Versorgungsausgleichs weiterverfolgt.

Das OLG hielt die Beschwerde für unbegründet.

 

Entscheidung

Der Streit der Parteien darüber, ob der zwischen ihnen geschlossene Prozessvergleich vom 28.5.2002 über den Ausschluss des Versorgungsausgleichs infolge der mit Schriftsatz der Ehefrau vom 14.10.2004 erklärten Anfechtung gem. § 142 Abs. 1 BGB als von Anfang an nichtig anzusehen ist, muss grundsätzlich in Fortführung des Ursprungsverfahrens ausgetragen werden (BGH v. 29.7.1999 - III ZR 272/98, MDR 1999, 1217; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 60. Aufl. Anh. § 307 Rz. 37; Zöller/Stöber, ZPO, 25. Aufl., § 794 Rz. 15a, jeweils m.w.N.).

Dies folge aus der Doppelnatur des Prozessvergleichs als Parteiprozesshandlung zum einen und materiell-rechtlichem Rechtsgeschäft zum anderen.

In der Sach...

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