Leitsatz
In einem Verfahren nach § 1666 BGB hatte das Jugendamt beantragt, der allein sorgeberechtigten Mutter mehrerer Kinder das Aufenthaltsbestimmungsrecht zu entziehen, nachdem sie die Kinder mehrfach sich selbst überlassen hatte und weggefahren war. Die vier älteren Kinder wurden vom Jugendamt in Obhut genommen. In dem vom Jugendamt eingeleiteten Verfahren beim FamG erging eine einstweilige Anordnung, wonach der Kindesmutter das Aufenthaltsbestimmungsrecht entzogen wurde. In der Folgezeit einigten sich Jugendamt und Kindesmutter darauf, dass es bei dem Status quo verbleiben solle.
Die im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnete Verfahrensbevollmächtigte der Kindesmutter machte gegenüber der Staatskasse u.a. eine Einigungsgebühr für das Hauptsacheverfahren und das Verfahren der einstweiligen Anordnung geltend, die ihr von der Rechtspflegerin des AG auch zuerkannt wurde. Auf die hiergegen eingelegte Erinnerung des Bezirksrevisors hat das FamG den Beschluss abgeändert und die zunächst zugunsten der Verfahrensbevollmächtigten der Kindesmutter festgesetzte Vergütung um die Einigungsgebühr reduziert.
Hiergegen legte die Verfahrensbevollmächtigte der Kindesmutter Beschwerde ein, die keinen Erfolg hatte.
Sachverhalt
siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Nach Auffassung des OLG kam die Festsetzung einer Einigungsgebühr nicht in Betracht. Grundsätzlich unterliege die Regelung der elterlichen Sorge nicht der Verfügungsbefugnis der Parteien. Dem übereinstimmenden Vorschlag der Eltern komme allerdings bei der erstmaligen Sorgerechtsregelung bei Getrenntleben der Eltern insoweit eine besondere Bedeutung zu, als das Gericht nach der Neufassung des § 1671 BGB dem Antrag auf Aufhebung der gemeinsamen Sorge bei Zustimmung des anderen Elternteils stattgeben und dem gemeinsamen Wunsch entsprechen müsse; eine Richtigkeitskontrolle durch das Gericht oder eine Überprüfung der Motive erfolge bei Vorliegen einer entsprechenden Elternvereinbarung ebenso wenig wie die Überprüfung der Frage, ob die von ihnen getroffene Regelung zur Aufhebung der elterlichen Sorge dem Wohl des Kindes am besten entspreche. Dies mache deutlich, dass die Eltern unter bestimmten Voraussetzungen "verbindliche" Regelungen zum Sorgerecht treffen könnten, von denen das Gericht in seiner danach zu treffenden Entscheidung nicht abweichen könne.
Dies gelte aber nicht bei einer Entscheidung über die Abänderung einer bestehenden gerichtlichen Sorgerechtsregelung unter den Voraussetzungen des § 1696 BGB, da das FamG in diesem Verfahren durch einen übereinstimmenden Vorschlag der Eltern in seinen Entscheidungsmöglichkeiten nicht eingeschränkt sei.
Noch viel weniger könnten Beteiligte eine das Gericht bindende Vereinbarung in einem Verfahren nach § 1666 BGB schließen. Durch dieses Verfahren würden nämlich staatliche Eingriffe in die Personen- und Vermögenssorge der Eltern im Interesse eines möglichst effektiven Schutzes des Kindes ermöglicht. Hierbei handele es sich um ein von Amts wegen einzuleitendes Verfahren, in dem die Offizialmaxime und der Grundsatz der Amtsermittlung gelten und das infolge dessen der Disposition der Verfahrensbeteiligten entzogen sei.
Aus diesem Grunde führe auch die Erklärungen der Parteien, wonach es bei dem gegenwärtigen Zustand zunächst verbleiben solle, nicht zwangsläufig zu einer Beendigung des Verfahrens, wenn das Gericht eine weitere Aufklärung des Sachverhalts oder eine andere Regelung zur Abwendung zur Gefährdung des Kindeswohls für erforderlich halte.
Im Hinblick darauf komme der Ansatz einer Einigungsgebühr in Verfahren nach § 1666 BGB grundsätzlich nicht in Betracht.
Link zur Entscheidung
OLG Koblenz, Beschluss vom 24.01.2006, 7 WF 27/06