Zusammenfassung
Bei Änderungen im Gesellschafterbestand einer GmbH reichen die Geschäftsführer oder ein Notar eine neue Gesellschafterliste ein – ein Gesellschafter ist dazu in keinem Fall befugt. Das gilt – so das KG Berlin – selbst dann, wenn eine einstweilige Verfügung die GmbH zur Einreichung einer neuen Liste verpflichtet.
Sachverhalt
Das KG Berlin befasste sich mit der Frage, welche Personen bei der GmbH zur Einreichung einer geänderten Gesellschafterliste befugt sind. Der Entscheidung lag der folgende Sachverhalt zugrunde:
Bei einer GmbH hatte ein Gesellschafter gegen die GmbH eine einstweilige Verfügung auf Einreichung einer geänderten Gesellschafterliste erwirkt. Der Gesellschafter wartete jedoch nicht ab, bis die Geschäftsführung eine geänderte Gesellschafterliste einreichte. Stattdessen übersandte er selbst eine geänderte Gesellschafterliste an das Handelsregister.
Das Handelsregister wies die Liste zurück. Es begründete die Zurückweisung damit, dass ein GmbH-Gesellschafter in seiner Eigenschaft als solcher nicht zur Einreichung von Gesellschafterlisten befugt sei. Dagegen wandte sich der Gesellschafter mit einer Beschwerde.
Das Urteil des KG Berlin v. 29.11.2021 (Az. 22 W 58/21)
Die Beschwerde blieb erfolglos. Das KG Berlin bestätigte die Auffassung des Handelsregisters, dass nur die Geschäftsführer einer GmbH und Notare zur Einreichung geänderter Gesellschafterlisten befugt seien. Ein Gesellschafter habe keine Befugnis hierzu. Das gelte selbst dann, wenn er eine einstweilige Verfügung erwirkt habe, nach der die GmbH (konkret: ihre Geschäftsführung) eine neue Gesellschafterliste einreichen müsste.
Praxishinweis
Die GmbH-Gesellschafterliste ist seit einigen Jahren ein Dauerbrenner in der Rechtsprechung. Sie gibt nicht nur nützliche Informationen über die Entwicklung des Gesellschafterbestands der jeweiligen GmbH, sondern ist eine wichtige Grundlage für die Frage, wer zur Ausübung von Gesellschafterrechten befugt ist. Denn: Nur wer in die Gesellschafterliste einer GmbH eingetragen ist, gilt im Verhältnis zur Gesellschaft als Gesellschafter (sog. Legitimationswirkung; §§ 16, 40 GmbHG). Allein diese Personen sind zur Ausübung von Gesellschafterrechten (z.B. Stimm-, Teilnahme-, Rede- und Einsichtsrechten) befugt und zwar in der Regel selbst dann, wenn die Gesellschafterliste inhaltlich unrichtig ist.
Wegen der besonderen Bedeutung der Gesellschafterliste ist es wichtig, dass sie stets aktuell gehalten wird. Das Gesetz legt daher fest, dass nach jeder Veränderung in den Personen der Gesellschafter (z.B. durch Anteilsübertragung) oder des Umfangs ihrer Beteiligung (z.B. durch Kapitalmaßnahmen) eine aktualisierte Liste zum Handelsregister einzureichen ist. Für die Einreichung einer neuen Gesellschafterliste sind die Geschäftsführung oder – wenn die zugrundeliegenden Veränderungen notariell beurkundet wurden – der beurkundende Notar zuständig.
Die Gesellschafter der GmbH – daran erinnert das KG Berlin – haben keine eigene Einreichungsbefugnis. Das gilt auch dann, wenn sie eine einstweilige Verfügung auf Hinterlegung einer neuen Gesellschafterliste erwirkt haben. Solche einstweiligen Verfügungen kommen bei Gesellschafterstreitigkeiten immer wieder vor, weil Gesellschafter häufig nur im Wege einstweiligen Rechtsschutzes ihre Position sichern können (siehe beispielsweise OLG München, Urteil v. 18.5.2021, Az. 7 W 718/21 oder OLG München, Urteil v. 2.12.2020, Az. 7 U 4305/20). Selbst wenn sie eine einstweilige Verfügung erreichen, dürfen sie die Gesellschafterliste aber nicht selbst einreichen. Dies ist nach wie vor alleinige Befugnis der Geschäftsführung.
Der betroffene Gesellschafter ist trotzdem nicht rechtlos gestellt: Er kann die einstweilige Verfügung gegen die Gesellschaft bzw. deren Geschäftsführer im Wege der Zwangsvollstreckung durchsetzen. Es kann dabei ein Zwangsgeld oder Zwangshaft gegen die Gesellschaft bzw. ihre Geschäftsführer festgesetzt werden (§ 888 ZPO). Wird eine einstweilige Verfügung ignoriert, ist zudem einer der wenigen Ausnahmefälle gegeben, in denen die Legitimationswirkung nicht eingreift (siehe BGH, Urteil v. 2.7.2019, Az. II ZR 406/17). In solchen Fällen muss sich die Gesellschaft im Verhältnis zum betroffenen Gesellschafter so behandeln lassen, als habe sie die einstweilige Verfügung befolgt.