Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 16 Abs. 2 WEG, § 28 WEG
Kommentar
Das Berliner Kammergericht hat folgenden Beschluss erlassen:
1. Der Erwerber von Wohnungseigentum (Rechtsnachfolger) haftet nicht für die vor seiner Eintragung im Grundbuch noch gegenüber dem Veräußerer begründeten und fällig gestellten Sonderumlagen-Beträge, sondern hat nur die nach seiner Eintragung fälligen Raten (monatlichen Hausgeldvorschüsse bzw. etwaigen künftigen monatlichen Sonderumlagen-Teilbeträge) zu zahlen (im Anschluß an Senatsbeschluss des KG vom 1. 11. 1990, WE 1991, 106 - DWE 1991, 27).
2. Eine Einzelabrechnung, in die ein noch gegenüber dem Veräußerer von Wohnungseigentum fällig gestellter anteiliger Sonderumlagenbetrag als ein vom Erwerber auszugleichender Rückstand eingestellt wird, widerspricht den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung (wie OLG Düsseldorf, WM 1991, 623).
3. Die rechtliche Wirksamkeit einer in der Teilungserklärung vereinbarten Abrechnungsfiktion
("die Einzelabrechnung gilt von jedem einzelnen Miteigentümer als anerkannt, falls dieser nicht innerhalb von 14 Tagen schriftlich begründeten Widerspruch eingelegt hat, der binnen 14 Tagen nach Absendung der Abrechnung dem Verwalter zugegangen sein muß")
ist nach wie vor umstritten (dahingestellt in BGH, NJW 1991, 979); diese Frage kann jedoch offen bleiben, da im vorliegenden Fall eine Genehmigungsfiktion jedenfalls dann nicht eintreten kann, wenn der Verwalter wie hier mit der Übersendung der Jahresabrechnung die Wohnungseigentümer zugleich zu einer Eigentümerversammlung einlädt, deren Tagesordnung die Beschlussfassung über diese Jahresrechnung enthält (Fortsetzung der Rechtsprechung des Senats, vgl. NJW-RR 1991, 1042).
4. Im Verpflichtungsverfahren auf Zustimmung zu einer Sanierungs-Sonderumlage über DM 400.000,- entschied der Senat im März 1990 über anteilige Sonderumlagezahlungspflichten der zu diesem Zeitpunkt im Eigentümerkreis befindlichen Miteigentümer. Ein Beteiligter wurde durch Grundbucheintrag Rechtsnachfolger im Dezember 1990. Im April 1991 wurde die Abrechnung 1990 genehmigt und der beteiligte Rechtsnachfolger in der entsprechenden Einzelabrechnung mit einem anteiligen Sonderumlage-Rückstand von DM 3.088,- belastet. Auf entsprechende Anfechtung dieses Rechtsnachfolgers hin erklärte das KG den Abrechnungsgenehmigungsbeschluss und den nachfolgenden Entlastungsbeschluss für ungültig.
Entgegen der Meinung des LG müsse dem Eigentumswechsel im Dezember 1990 Bedeutung zukommen. Im vorliegenden Fall seien monatliche Wohngeldvorschüsse und Sonderumlagebeträge bereits gegenüber dem Veräußerer (Voreigentümer) fällig geworden. Aus diesem Grund hafte der Erwerber als Rechtsnachfolger nicht für die vor seiner Eintragung im Grundbuch fällig gewordenen Beträge, sondern nur für die nach seiner Eintragung fälligen Raten (so BGH, NJW 1989, 2697 und KG vom 1. 11. 1990, WE 1991, 106 = DWE 1991, 27).
Es sei auch in der Rechtsprechung fast einhellig anerkannt, dass der ausgeschiedene Wohnungseigentümer der Gemeinschaft für Lasten und Kosten im Sinne des § 16 Abs. 2 WEG weiterhafte, die während des Zeitraumes, als er Wohnungseigentümer war, fällig gestellt worden seien (OLG Stuttgart, NJW-RR 1989, 654; OLG Düsseldorf, WuM 1991, 623; BayObLG, WE 1989, 222; a. A. wohl OLG Karlsruhe, DWE 1990, 106). Allerdings hafte der Erwerber nach der Rechtsprechung des BGH (BGHZ 104, 197 = NJW 1988, 1910) für Nachforderungen aus Abrechnungen für frühere Jahre auch dann, wenn der Beschluss der Eigentümergemeinschaft, durch den die Nachforderungen begründet bzw. erneut fällig gestellt worden seien, erst nach dem Eigentumserwerb bestandskräftig gefasst worden sei.
Auch die jährliche Weiterübertragung offener Altschulden aus früheren Perioden in spätere neue Einzelabrechnungen und deren Einbeziehung in die Beschlussfassung bewirke nicht jedesmal eine erneute Festlegung der Verpflichtung (wie schon vom Senat durch Beschluss v. 15. 2. 1993, WE 93, 194 = DWE 93, 80 und Vorlagebeschluss zum BGH - KG Berlin, Beschluss vom 18. 8. 1993, Az.: 24 W 7292/92entschieden). Im vorliegenden Fall sollte der bereits gegenüber dem Voreigentümer fällig gestellte Sonderumlagebetrag mit der Abrechnungsgenehmigungsbeschlussfassung im Folgejahr als auszugleichender Rückstand gegenüber dem Rechtsnachfolger - zusätzlich - festgelegt werden; eine solche Beschlussfassung, durch die neben der Haftung des Voreigentümers eine Mithaftung des Erwerbers für Rückstände des Voreigentümers erstmals begründet werden solle, sei nach Auffassung des Senats mit den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung nicht vereinbar (vgl. auch OLG Düsseldorf, WM 1991, 623).
In richtiger Auslegung dieser offensichtlichen "Gesetzeslücke" und der Beachtung anderweit niedergelegter Wertentscheidungen des Gesetzgebers habe ein Abrechnungsgenehmigungsbeschluss allein die Funktion, mit dem Ziel der Rechtsbeständigkeit nach § 23 Abs. 4 WEG die Wirtschaftsführung zu überprüfen, etwaige Überschüsse aus einer zu reichlichen Vorschußbemessung festzustellen und etwaige Nachzahlungspfli...