Leitsatz
Sachverhalt
Bei Gründung eines neuen Unternehmens in der Rechtsform einer GmbH nahm der Unternehmensinhaber für die GmbH einen Kredit seiner Hausbank in Anspruch. Zur Sicherheit für den Kredit bürgte er nicht nur persönlich, er übertrug auch sämtliche Unternehmenswerte an die Bank (unter anderem trat er alle Forderungen aus Warenlieferungen und Leistungen ab, übereignete alle neu anzuschaffenden Maschinen und bestellte eine Grundschuld am Betriebsgrundstück).
Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Unternehmen focht der Insolvenzverwalter die Stellung der Sicherheiten nach § 133 InsO wegen vorsätzlicher Gläubigerbenachteiligung an.
Entscheidung des Vorinstanz
In einer hoch umstrittenen Entscheidung sah das OLG Dresden die Anfechtung durch den Insolvenzverwalter als wirksam an (OLG Dresden, Urteil v. 29.3.2007, 13 U 1132/06, veröffentlicht in NZI 2007, 661 ff.). Das Gericht argumentierte mit der Vergleichbarkeit der Sicherheitenstellung für eine Anschubfinanzierung bei Geschäftsgründung und der Stellung von Sicherheiten für einen Sanierungskredit in der Unternehmenskrise. In Sanierungsfällen ist es ständige Rechtsprechung, dass ein Unternehmer bei der Stellung von Sicherheiten für ein Sanierungsdarlehen regelmäßig mit Vorsatz zur Benachteiligung der anderen Gläubiger handelt, wenn der Sanierungsplan keine ernsthafte und begründete Aussicht auf Erfolg hat (vgl. BGH, NJW 1984, 1893; BGH, NJW-RR 1993, 238). Die hohen Kriterien für die ernsthafte und begründete Erfolgsaussicht eines Sanierungskonzepts hatte das OLG Dresden auf das Geschäftskonzept bei Unternehmensgründung angewandt und festgestellt, dass keine ausreichenden Aussichten auf ein erfolgreiches Geschäft bestanden und die Insolvenzanfechtung damit als wirksam anerkannt.
Entscheidung des BGH
Der BGH stellte nun klar, dass die Stellung von Sicherheiten in einer Unternehmenskrise und die Stellung von Sicherheiten bei einer Geschäftsgründung nicht gleichgestellt werden können. Ein mangelhaftes Gründungskonzept allein könne daher nicht zur Begründung des Benachteiligungsvorsatzes ausreichen; entscheidend sei vielmehr, ob der Unternehmer bei Geschäftsgründung tatsächlich vom Erfolg seines Geschäfts ausging. Da der Unternehmensgründer im konkreten Fall neben der Fremdfinanzierung auch beträchtliche Eigenmittel in das Unternehmen gesteckt und sich darüber hinaus für die Schulden des Unternehmens verbürgt hatte, sei er offensichtlich vom Erfolg seines Unternehmens ausgegangen. Eine Insolvenzanfechtung wegen vorsätzlicher Gläubigerschädigung komme daher nicht in Betracht.
Hinweis
Die Entscheidung des BGH ist uneingeschränkt zu begrüßen. Würde man die strengen Anforderungen an ein Sanierungskonzept auf ein Geschäftsgründungskonzept ausweiten, müssten Banken oder sonstige Fremdkapitalgeber bei nahezu jeder Anschubfinanzierung befürchten, bei einer Insolvenz innerhalb von 10 Jahren nach Gründung auf keinerlei Sicherheiten der Gesellschaft zurückgreifen zu können. Letztlich kann auch nur dann von einem "sicheren" Geschäftsplan gesprochen werden, wenn bereits vor Geschäftsgründung konkrete Aufträge für das Unternehmen aufgeführt werden können. In der Praxis hätte dies das Aus der Finanzierung innovativer aber schwer abschätzbarer Geschäftsmodelle oder zumindest eine deutliche Anhebung der Darlehenskonditionen für diese zur Folge. Neuen Geschäftsideen wäre damit der Zugang zu Fremdkapital noch weiter erschwert als dies schon heute der Fall ist.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil vom 05.03.2009, IX ZR 85/07