Normenkette

§ 14 Nr. 1, 2 WEG, § 15 Abs. 3 WEG, § 1004 BGB, § 890 ZPO

 

Kommentar

1. In einem als Gaststätte bezeichneten, in einem Wohnhaus gelegenen Teileigentum können nicht jegliche musikalischen Darbietungen untersagt werden. Es können jedoch stärkere Geräuschemissionen verboten werden, als sie bei Verwendung einer lautstärkenbegrenzten Anlage auftreten und nach den öffentlich-rechtlichen Auflagen zulässig sind.

2. Im vorliegenden Fall wurde dem Restauranteigentümer (dem Antragsgegner) verboten, in seiner Gaststätte Live-Musik darzubieten oder darbieten zu lassen oder Musikanlagen ohne den vorgeschriebenen Lautstärkenbegrenzer zu betreiben oder betreiben zu lassen. In der Gaststätte hatte ein türkischer Gastwirt Keyboard-Spiel und Gesang (Gitarrenspiel mit Gesang), Trommeln sowie mechanische Wiedergabe von Musik gestattet, wodurch sich Wohnungseigentümer im 2. Stock in unzumutbarer Weise gestört und beeinträchtigt fühlten und sogar Gesundheitsschäden vermeldeten und Schmerzensgeldansprüche stellten. Nach den Auflagen des Amtes für öffentliche Ordnung durfte die Musikanlage in der Gaststätte nur in Verbindung mit einem versiegelten Lautstärkenbegrenzer betrieben werden. Der Lärmpegel in den angrenzenden und darüber liegenden Wohn- und Aufenthaltsräumen dürfe tagsüber 35 dB (A) und nachts (22.00 bis 7.00 Uhr) 25 dB (A) gemäß BDI 2058 nicht überschreiten. Jegliche musikalischen Veranstaltungen könnten allerdings in einer Gaststäte nicht unterbunden werden, da auch ein solcher umfassender Anspruch nicht aus den § 15 Abs. 3 WEG, § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB, jeweils in Verbindung mit § 14 Nr. 1 und Nr. 2 WEG ableitbar sei.

3. Auch ein Schadenersatzanspruch in Form von Schmerzensgeld komme nicht in Frage, da der Tatbestand einer Gesundheitsverletzung durch Unterlassen hier nicht verwirklicht sei. Die Antragsgegnerseite sei zwar den anderen Wohnungseigentümern gegenüber aus dem Gemeinschaftsverhältnis verpflichtet, unzulässige Lärmbeeinträchtigungen durch den Pächter oder Unterpächter zu verhindern; diese Verpflichtung bestehe aber nur mit dem Ziel, Beeinträchtigungen der Wohnungseigentümer im Gebrauch ihres Eigentums abzuwenden, nicht aber Schäden an ihrer Gesundheit.

4. Der Teileigentümer einer Gaststätte ist allerdings verpflichtet, eine unzumutbare Lärmbelästigung anderer Wohnungseigentümer durch den Pächter oder Unterpächter zu unterbinden. Er kann aber nicht verpflichtet werden, das Vertragsverhältnis zu kündigen und notfalls auf Räumung zu klagen; es muß ihm vielmehr selbst überlassen bleiben, auf welche Weise er den geschuldeten Erfolg erreicht (vgl. schon BayObLG, NJW-RR 1991, 658/659). Ein zur Unterlassung bestimmter Verhaltensweisen verpflichteter Wohnungseigentümer setzt sich bei Zuwiderhandlungen gegen ein gerichtlich im Erkenntnisverfahren ausgesprochenes Verbot der Zwangsvollstreckung nach § 890 ZPO aus. In diesem Verfahren ist dann zu prüfen, ob er die Zuwiderhandlung verschuldet hat, weil er als mittelbarer Störer nicht alles ihm Mögliche und Zumutbare unternommen hat, um den geschuldeten Erfolg zu erreichen.

Durch eine lautstärkenbegrenzte Anlage kann nur eine beanstandete Lautverstärkung begrenzt, nicht aber die Lautstärke einer über dem Grenzwert liegenden Live-Musik vermindert werden. An sich bestünden keine Bedenken dagegen, dass Live-Musik dargeboten wird, die den Grenzwert der Anlage nicht überschreitet. Weil dies aber im Einzelfall praktisch nicht nachprüfbar ist, muß hier jede Live-Musik-Darbietung untersagt werden. Hinzu kommt, dass damit auch die mit Live-Musik typischerweise einhergehenden und unkontrollierbaren Begleitgeräusche aus dem Publikum wie z. B. rhythmisches Klatschen entfallen. Damit hält der Senat die dem Antragsgegner auferlegten Beschränkungen auch unter Berücksichtigung des wirtschaftlichen Interesses an der Nutzung des Teileigentums im Hinblick auf das Ruhebedürfnis der übrigen Wohnungseigentümer für unvermeidbar.

5. Aufgrund wechselseitigen Unterliegens nach den jeweils gestellten Anträgen wurden die Gerichtskosten jeweils halbiert; außergerichtliche Kostenerstattung wurde nicht angeordnet.

Als Geschäftswert wurden für die beiden Beschwerdeverfahren jeweils DM 31 260,- festgesetzt. Maßgebend hierfür sei das Interesse aller Beteiligten an der Entscheidung; es sei also auch das Interesse der Antragsgegnerseite an der Abweisung der Unterlassungsanträge zu berücksichtigen und nicht nur das Interesse des Antragstellers und anderer Wohnungseigentümer an einem Verbot musikalischer Darbietungen. Der mit Bestimmungen und Grundsätzen des ZPO begründeten abweichenden Ansicht des KG Berlin (WM 1993, 434), dass es bei Unterlassungsanträgen nur auf das Interesse des Antragstellers und nicht auf das Abwehrinteresse des Antragsgegners ankomme, vermag der Senat nicht zu folgen; diese Meinung sei mit § 48 Abs. 2 WEG nicht vereinbar (vgl. auch OLG Karlsruhe, WM 1993, 290). Auch § 131 Abs. 2, § 30 Kostenordnung seien entgegen der Ansicht des KG nicht einschlägig. Das maßgebende Interesse könne hier...

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