Leitsatz
Die Ehefrau begehrte von ihrem Ehemann, einem freiberuflichen Tierarzt, sowohl nachehelichen Unterhalt als auch Zugewinnausgleich. Es ergab sich das Problem, ob im Rahmen der Zugewinnberechnung der gesamte Wert der Praxis einschließlich des Goodwill als Aktivposten noch berücksichtigt werden konnte, nachdem auch bei der Unterhaltsberechnung die Praxiseinnahmen bereits Berücksichtigung gefunden hatten.
Sachverhalt
Die Parteien hatten am 16.6.1998 geheiratet und waren durch insoweit rechtskräftiges Verbundurteil vom 8.6.2005 geschieden worden. Erstinstanzlich war der Ehemann zur Zahlung eines Zugewinnausgleichsbetrages i.H.v. 13.378,01 EUR nebst Zinsen seit dem 13.6.2001 an die Ehefrau verurteilt worden, die ihn auch auf Zahlung nachehelichen Unterhalts i.H.v. zuletzt 500,00 EUR monatlich in Anspruch nahm.
Streit bestand zwischen den Parteien darüber, ob der Anteil des Ehemannes an einer tierärztlichen Praxis einschließlich Goodwills, des hälftigen Forderungsbestandes der früheren Gemeinschaftspraxis und des hälftigen Anteils des Ehemannes am Rücklagenkonto der Gemeinschaftspraxis in sein aktives Endvermögen einzustellen waren. Die Ehefrau legte gegen das erstinstanzliche Urteil Berufung ein und verfolgte ihren erstinstanzlich gestellten Antrag auf Zahlung von Zugewinnausgleich i.H.v. 40.246,66 EUR weiter.
Ihr Rechtsmittel hatte nur in geringem Umfang Erfolg.
Entscheidung
Das OLG vertrat unter Bezugnahme auf die Entscheidung des BGH vom 11.12.2002 (BGH FamRZ 2003, 432 ff.) die Auffassung, dass die Partizipation eines Unterhaltsberechtigten an einer Vermögensposition in zweifacher Weise, nämlich vorab im Zugewinnausgleich an dem durch die künftige Gewinnerwartung geprägten Vermögensvorteil der Beteiligung und sodann im Wege des Unterhalts nochmals an jenem nunmehr als Einkommen des Unterhaltspflichtigen zu berücksichtigenden Gewinnanteil nicht stattzufinden hat, da eine solche zweifache Teilhabe dem Grundsatz widerspreche, dass ein güterrechtlicher Ausgleich nicht stattzufinden hat, soweit eine Vermögensposition bereits auf andere Weise, sei es unterhaltsrechtlich oder im Wege des Versorgungsausgleichs ausgeglichen wird.
Aus dem Urteil des BGH sei mit Fischer-Winkelmann (Fischer-Winkelmann FuR 2004, 433 ff.) die Schlussfolgerung zu ziehen, dass nicht nur in dem konkret vom BGH entschiedenen Fall die doppelte Berücksichtigung einer gesellschaftsrechtlich ausgestalten Mitarbeiterbeteiligung im Zugewinnausgleich und die Berücksichtigung daraus zukünftig zu erwartender Erträge im Unterhalt nicht nebeneinander möglich seien, sondern dass als Konsequenz der aufgezeigten Rechtsprechung des BGH bei Selbständigen die Unternehmensbewertung im Zugewinnausgleich entfallen müsse, wenn nicht die Parteien die Herausnahme der Einnahmen aus dem Betrieb für die Unterhaltsberechnung vereinbart hätten. Diese Auffassung hielt das OLG für überzeugend und schloss sich ihr an.
Hinweis
Ob tatsächlich in der Weise wie vom OLG vorgenommen solche weitreichenden Folgerungen aus der Ausgangsentscheidung des BGH gezogen werden können, ist zweifelhaft. In dieser Entscheidung bestand insoweit eine Besonderheit, als bei der Unternehmensbewertung eine geringe nominale Einlage wegen ihrer hohen Erträgnisse durch einen Gutachter hochgerechnet wurde. Bei Ausscheiden aus dem Betrieb hätte jedoch der betreffende Ehepartner nur den Nominalwert, nie aber einen entsprechend höheren Wert erhalten. Vergleichbar damit sind die Fälle, in denen eine Unternehmensbeteiligung nach der Rechtsprechung mit dem wahren Wert beim Zugewinn berücksichtigt werden muss, selbst wenn der Gesellschaftsvertrag vorsieht, dass bei einem Ausscheiden nur eine wesentlich geringere Summe in Ansatz zu bringen ist. Die geschilderten Fälle sind mit dem vorliegenden Ausgangspunkts des Senats nicht vergleichbar.
Die Doppelberücksichtigung kann eventuell dadurch vermieden werden, dass beim Unterhalts- und Zugewinnausgleichsgläubiger die Erträgnisse aus dem Zugewinn auf den Unterhalt angerechnet werden. Für die juristische Beratungspraxis hätte die vom OLG Oldenburg vorgenommene rigorose Erweiterung der BGH-Rechtsprechung weitreichende Bedeutung. Für den Fall, dass der Anspruch auf nachehelichen Unterhalt aus den Erträgnissen der Praxis oder des Unternehmens errechnet wird, was in der Regel der Fall sein dürfte, wird ein Rückgriff auf den Vermögenswert im Rahmen des Zugewinnausgleichs von vornherein unmöglich gemacht. Je nach den persönlichen Verhältnissen der Parteien und der weiteren Lebensplanung müsste daher rechtzeitig überlegt werden, ob es taktisch klug ist, überhaupt nachehelichen Unterhalt zu verlangen oder es nicht besser wäre, sich den Weg über den Zugewinnausgleich offen zu halten.
Link zur Entscheidung
OLG Oldenburg (Oldenburg), Urteil vom 08.02.2006, 4 UF 92/05